Bodo Ramelows Ritt auf der Rasierklinge zum Ministerpräsidenten-Amt

Welche Zitterpartie bevorsteht, zeigt ein Blick auf die Mehrheitsverhältnisse. Linke, SPD und Grüne haben zusammen 46 Stimmen. Die CDU und die neu in den Landtag eingezogene AfD kommen auf 45 Abgeordnete. Würde sich im ersten und zweiten Wahlgang nur ein einziger Abgeordneter des rot-rot-grünen Lagers der Stimme enthalten, wäre Ramelow nicht gewählt. Ab dem dritten Wahlgang reicht die einfache Mehrheit. Schon wird über Wackelkandidaten spekuliert. Etwa der Grünen-Abgeordnete Olaf Möller, der laut Medienberichten „geheime Gespräche“ mit der CDU über eine Regierungsbildung geführt haben soll.

Indes wurde über den grünen Abgeordneten Olaf Möller erneut  berichtet, er führe schon Geheimgespräche mit der CDU. Möller hatte zwar schon in den neunziger Jahren vorausgesagt, dass sich die Grünen gegenüber der CDU öffnen müssten, um mehr Machtoptionen zu haben, zumal die Linke die Rolle der populistischen Protestpartei angenommen hatte, schreibt die Faz. Aber offen bekennt auch er sich nicht zum Abweichler. 

Der erste seiner Art. Bodo Ramelow könnte als Linken-Politiker Ministerpräsident werden. Nicht allen gefällt diese Premiere.

 

CDU-Landeschefin und Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht schien diese Woche in sich hinein zu lächeln, als sie gefragt wurde, ob sie eine Gegenkandidatur zu Ramelow erwägt. Sie, vielleicht CDU-Fraktionschef Mike Mohring oder auch der neue Hoffnungsträger der Thüringer Union, der frisch gewählte Parlamentspräsident Christian Carius, kämen für solch einen Coup in Frage. Ramelow selbst hat es im Jahr 2009 vorgemacht, als Lieberknecht nicht in den ersten beiden Wahlgängen zur Ministerpräsidentin gewählt wurde. Im dritten Wahlgang trat Ramelow gegen sie an - und schloss damit die christdemokratischen Reihen.

Gut möglich, dass die Angst vor Neuwahlen das rot-rot-grüne Lager diszipliniert. Würde Ramelow aber tatsächlich in einen dritten Wahlgang gezwungen, könnte alles passieren. Dann unterstützt womöglich die AfD einen CDU-Bewerber. Entsprechende Signale soll es geben. Käme nur ein Abweichler von Rot-Rot-Grün hinzu, wäre es um den Linken-Vormann geschehen.

Unter Linken in Thüringen gibt es gr0ßen Frust, weil in der Präambel des Koalitionsvertrages die DDR als Unrechtsstaat bezeichnet wird, was sie definitiv nicht war. Das bringt viele Linke gegen Bodo Ramelow auf. Da helfen auch Relativierungen nichts. So hat er die DDR als System mit verbrieften Rechten bezeichnet  und die Linke in die direkte Linie der Tradition mit der SED gerückt.  Unterm Strich könnten ihm diese Bezeichnun der eigene Geschichte und des  eigenen Sozialismusversuches auf deutschem Boden, der so delegitimiert wird,  bei der  ja geheimen Wahl zum Ministerpräsidenten, auch etliche linke Abgeordnete übel nehmen und ihn durch Nicht-Wahl abstrafen.     

Die linke Abgeordnete Johanna Scheringer-Wright, die die Bezeichnung der DDR als Unrechtsstaat ablehnt und aus einer niederbayrischen Kommunistenfamilie stammt, hatte sich im Landesvorstand der Stimme enthalten, als dieser für Koalitionsverhandlungen mit SPD und Grünen votierte. Öffentlich versicherte die Abgeordnete nun, im Landtag für Ramelow zu stimmen- aber sicher kann man sich da nicht sein. 

Der designierte SPD-Vorsitzende Andreas Bausewein, der am Wochenende in sein neues Amt gewählt werden soll, warnte schon vor Neuwahlen in fünf oder sechs Monaten. Die SPD fürchtet, dass im dritten Wahlgang zum Ministerpräsidenten ein Kandidat der CDU mindestens so viel Stimmen wie Ramelow erhalten könnte. Damit wäre Rot-Rot-Grün gescheitert. 

Bodo Ramelow will das alles durch Pragmatismus überspielen . Es ginge nicht um die Weltrevolution oder Ideologien, versucht er zu beschwichtigen sondern er  sagt: „Wir wollen beweisen, dass wir bei Problemlösungen alltagstauglich sind “. So soll die Linke als normale Parei erscheinen und so versucht er die historische Dimension seiner Wahl als sozialistischen und antikapitalistischen Ministerpräsidenten auszublenden oder kleinzureden - wahrscheinlich um sich selber Mut für die Wahl zu machen. Aber laut Bundes-Parteiprogram der Linkspartei  ist er genau das - ein marxistischer Miisterpräsident . Was er davon realpolitisch umsetzt, steht auf eine anderen Blatt.    

Thüringens Linke-Ministerpräsidentenkandidat Bodo Ramelow hat seine Partei vor rot-rot-grünen Koalitionsverhandlungen zur Geschlossenheit aufgerufen. «Zwei Linke, drei Spaltungen, das war immer die Schwäche der deutschen Linken - machen wir nicht den Fehler», sagte er am Samstag auf einem Landesparteitag in Leimbach (Wartburgkreis). Die Linke werde in einer rot-rot-grünen Regierung die Ankerpartei sein, aber auf Augenhöhe mit den Partnern agieren.

«Ich bin überzeugt, dass wir es schaffen, die Verhandlungen sehr zügig zu fahren», sagte Ramelow. Er erwarte in der ersten oder zweiten Dezemberwoche die entscheidende Ministerpräsidenten-Wahl im Landtag. «Dann wird sich zeigen, ob getragen von Urabstimmungen in drei Parteien die Landtagsmehrheit von 46 Stimmen zustande kommt.» Ein rot-rot-grünes Bündnis hätte ja wie gesagt im Landtag nur eine Stimme Mehrheit.

http://www.tagesspiegel.de/politik/regierungsbildung-in-thueringen-gruene-wollen-koalieren-dennoch-muss-bodo-ramelow-zittern/10880334.html.