Comeback?: Gregor Gysi (Linke) will Schatten-Fraktionschef oder "Generallissimo" der Linkspartei werden

Schon wieder ein Rücktritt vom Rücktritt?

In einem internen Brief hat der ehemalige Fraktionschef der Linkspartei, Gysi, im Bundestag seine Partei aufgefordert, seine Rolle neu zu definieren.

Als Fraktions-Oberbeauftragter will er wichtige Bundestagsreden seiner Fraktion halten und die Europapolitik der Fraktion federführend leiten. Alternativ dazu überlegt er die Rolle eines Generallissimo in der Partei zu übernehmen.

Die jetzige Fraktionsführung um Wagenknecht und Bartsch hat er immer wieder kritisiert. Doch für die Wahlniederlagen der Partei sind die Rechtsreformer verantwortlich, die das Profil der Linkspartei zum Teil bis zur Unkenntlichkeit verwässerten und nicht die jetzigen Fraktionschefs, die auch eine Neu-Positionierung gegenüber der neoliberal verkommenden sowie kriegsgeilen  und in den Klauen der CDU befindlichen Gabriel-SPD anstrebten und einen neuen Kurs der Distanz zur SPD durchsetzten.  

Für den Fall, dass beide Aufgabenbereiche nicht zugestanden werden, droht er indirekt mirt dem kompletten Rückzug aus der Politik.

Linken-Parlamentsgeschäftsführerin Petra Sitte gibt sich viel Mühe, in höchsten Tönen von Gregor Gysi zu schwärmen. "Kaum zu toppen" sei Gysi bei Talkshow-Auftritten, "der beste Redner im Bundestag", ein "richtiger Übervater der Fraktion" - sagt die Politikerin am Dienstag über den ehemaligen Vorsitzenden der Linksfraktion. Der hatte das Amt im Herbst vergangenen Jahres an Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch abgegeben.

Dem überschwänglichen Lob war eine Debatte am Montagabend im Fraktionsvorstand über Gysi vorausgegangen, der in einem Brief an seine Genossen Vorschläge zu seiner künftigen Rolle skizziert hatte. Das Schreiben war zuerst über einen Bericht von "Bild online" publik geworden. Unter der Überschrift "Neuer Zoff bei den Linken: Gysi erpresst Wagenknecht und Bartsch" hieß es, Gysi wolle wieder eine wichtige Rolle in der Partei - oder er werfe hin. Ein nicht genanntes Mitglied des Fraktionsvorstandes wurde mit der Aussage zitiert, der 68-Jährige solle sich zurückhalten. "Er ist jetzt ein Polit-Rentner. Die Zeiten, in denen er Bedingungen stellen konnte, sind vorbei."

Es ist durchaus möglich, dass Teile der Rechtsreformer den Brief absichtlich ausgerechnet dem rechtspopulistischen und linkenfeidlichen Oligarchen- Medien des Springer-Konzerns zugespielt haben um Sahra Wagenknecht - aber auch  Dietmar Bartsch - damit zu schaden.

Auch der linke Ministerpräsident Bodo Ramelow hatte gegen Sahra Wagenknecht polemisiert und ein linkes Profil gefordert, dass er offensichtlich mit Profillosigkeit und mit Anbiederung an den sozialdemokratisch-olivgrün und neoliberal ausgerichteten Teil der politischen Klasse erreichen will, der schon zuur Zeit von Schröder und Fischer  längst abgewirtschaftet hat.

Tatsächlich provoziert Gysi mit seinem Brief einige Genossen, allen voran seine Nachfolgerin Wagenknecht. Denn als eine Option nennt er, "dass ich - zumindest in großen Zügen - für Europa zuständig werde". Das ist ein Themengebiet, in dem sich auch die neue Fraktionsvorsitzende regelmäßig positioniert, ebenso wie auch deren Ehemann, der frühere Linken-Parteichef Oskar Lafontaine.

Gysi selbst ist seit seinem Rückzug vom Fraktionsvorsitz nur stellvertretendes Mitglied des Auswärtigen Ausschusses. Er schreibt zum Thema Europa: "Ihr kennt meine diesbezüglichen Auffassungen. Die müsst ihr berücksichtigen. Außerdem begäbe ich mich in gewisser Hinsicht in ein bestehendes Gehege."

Zündstoff enthält auch Gysi-Variante zwei. Die würde nach seinen eigenen Worten darin bestehen, "dass ich Generalist bleibe". Was wiederum bedeuten würde, "dass ich wenigstens sechs Reden im Bundestag halten müsste" - gemeint ist der Zeitraum bis zur Bundestagswahl 2017. Als einfacher Abgeordneter hat Gysi seit Herbst nicht mehr im Bundestag geredet. Jetzt aber schlägt er für sich vor, dass es "im Kern" um die erste Stellungnahme zu den Regierungserklärungen gehen müsse. Er erläutert: "Das aber bedeutete, dass Sahra, Dietmar und gegebenenfalls auch andere zusammen im Jahr auf diese sechs Reden verzichten müssten". Den Regularien des Bundestages besagen, dass ein Redner der größten Oppositionsfraktion nach einer Regierungserklärung als erster als Pult darf - seit 2013 also die Linke. Nicht zwangsläufig muss das einer der Fraktionschefs machen.

Und die dritte Möglichkeit? Bestünde laut Gysi darin, dass er im Bundestag gar keine Rolle mehr spielt. "Diese ist relativ bequem und hat für mich auch ihre Vorzüge." Dass der Ex-Fraktionschef das wirklich anstrebt, glauben nur wenige Genossen - zu sehr liegt ihm seine Partei am Herzen, auch bei der Bekämpfung des Rechtsrucks in Europa will er eine maßgebliche Rolle spielen. Er selbst dürfte überzeugt davon sein, noch immer von allen Linken-Politikern die meiste Resonanz zu haben.S

Sahra Wagenknecht reagiert gelassen auf diese Ankündigung und es soll zu einem klärenden Gespräch  mit der Fraktiosspitze der Linksfraktion kommen.