Drucken

Ca 50 % der Franzosen votieren für Frexit, wenn das Volk abstimmen darf- Weiterer Zerfall der EU?

Unbehagen gegen deutsche Vorherrschaft in Europa 

Auch hier profitieren Rechtspopulisten, weil  Linke es angesichts der sozialdemokratischen Regierung versäumt haben, sich systemkritisch gegen diese EU der Weltkonzerne und der Lobbykraten und Technokraten zu stellen.

Ebenso wie die  Briten lehnen die Franzosen die europäische Idee nicht ab. Aber sie lehnen diese EU der Konzernherrschaft und der Bankenmacht ab.

"Es ist das Europa des Kapitals, das Europa der Deutschen, das scheitert", sagt der linke Europaabgeordnete und Präsidentschaftskandidat Mélenchon. "Deutschland muss aufhören, die anderen Völker zu bevormunden." Selbst viele regierende PS - Politiker teilen diese Ansicht.

Natürlich versuchen auch Faschisten und Rassisten um Le Pen  vom Brexit zu profitieren und den Protest völkisch zu wenden und die Kritik am Monopolkapital auszublenden. .

Die Franzosen, die 2005 die EU-Verfassung ablehnten, zeigen Verständnis für den Brexit. 

Wie stark die Vorbehalte der Franzosen gegen die EU sind, hatten sie bereits 2005 gezeigt, als sie in einem Referendum die Europäische Verfassung mit 55,7 Prozent der Stimmen ablehnten und die politischen Eliten des Landes desavouierten. Bemerkenswert sind auch Umfragen, laut denen die Franzosen mehrheitlich ebenfalls über einen Verbleib in der EU abstimmen möchten und den Brexit weit wohlwollender beurteilen als etwa die Deutschen. Nur 27 Prozent der befragten Franzosen meinen, dass sich die Briten mit dem Brexit auf Dauer ins eigene Fleisch schneiden werden; demgegenüber halten 56 Prozent der Deutschen einen Ausstieg für kontraproduktiv.

Viele Franzosen scheinen zu hoffen, dass ein Referendum einen starken Reformdruck erzeugen würde, wobei sich bloss 30 Prozent der Befragten eine stärkere Integration wünschen und fast die Hälfte entweder einen «Frexit» oder zumindest eine Einschränkung des Einflusses der EU befürwortet.

In Frankreich verbreitete sich in den letzten Jahren nicht nur stark die Klage über die Regulierungssucht der Brüsseler Technokratie. Heftig angefeindet wurde vor allem auch die angeblich von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel im Einvernehmen mit der Hochfinanz diktierte Austeritätspolitik. Zudem wird vielfach beanstandet, dass die EU die Kontrolle über ihre Grenzen verloren habe.

Die Kritik an den undemokratischen Strukturen der EU erhoben aber nicht bloss die  Parteien der Linken und Rechten, sondern in gemässigterem Ton auch die Protagonisten des  neoliberalen regierenden Parti socialiste und der bürgerlich-konservativen Parteien also sie marktradikalen bürgerlichen Parteien der Mitte.

Nicht nur Präsident Hollande wandte sich immer wieder gegen die deutsche "Stabilitätskultur". Damit schwer tat sich auch dessen Vorgänger Nicolas Sarkozy, der mit Merkel etwa über die Einführung von Eurobonds oder die Rolle der Europäischen Zentralbank stritt und dessen Premierminister François Fillon aus Gründen der nationalen Souveränität gar gegen den Maastricht-Vertrag gestimmt hatte und noch heute gegen dieses Regelwerk polemisiert.

Für eine Neugründung der EU und einen neuen Vertrag sprach sich bereits der bürgerlich-konservative systemtreue Oppositionsführer Sarkozy aus, der erneut Staatspräsident werden will. Damit teilt er die Position von Vizekanzler Gabriel, der auch einen Neustart der EU fordert.

Auch der Vorsitzende der neuen spanischen Podemos-Linkspartei namens Igesias äusserte sich skeptisch  und national spanisch betont über  die EU. 

Den Brexit, dieses historische Ereignis, kommentierte er hingegen mit nur einem Satz: "Das deutsche Europa funktioniert nicht mehr, es überzeugt einfach nicht."