LEXIT - Linke fordern einen Ausstieg aus dem Euro-System 

Wissenschaftler und Politiker aus europäischen Ländern drängen auf einen »linken Ausstieg« aus dem Euro und sehen darin eine Möglichkeit »zur Verteidigung und Wiederherstellung der Demokratie«.

Auch beim Brexit gab es neben der reaktionären und rechtspopulistischen UKIP Kampagne auch schon eine Linkskampagne für einen Ausstieg der Briten aus der EU. Die Quelle dazu befindet sich im Anhang. 

I am voting for Lexit because the EU isn't the socialist project you think it is.

Yet still Britain's labour movement clung to the EU. Jeremy Corbyn's leadership campaign offered a tantalisingly brief glimpse of an alternative when he refused to rule out backing exit from the EU, while Labour left activist and journalist Owen Jones called for a left wing exit, or “Lexit”, campaign, but both retreated in the face of a pro-EU and anti-Corbyn Parliamentary Labour Party.
Much of the radical left toed that line, opting to campaign for a more-or-less critical vote to remain in the EU. While a handful of unions and Dennis Skinner MP have made principled cases for leave, and Lexit has held rallies around Britain, a left-critique of the EU has been marginal to the referendum.

Aspekte eines notwendigen Neustarts, der alleine allerdings nicht ausreicht,  können in einem Konvent, einer verfassungsgebenden Versammlung, einem Generalstand, wie von französischen Linken vorgeschlagen, diskutiert werden. Denn wir müssen die Meinungsbildung nicht nur in der Fraktion, sondern in allen linken Parteien intensivieren und voranbringen.

Es geht darum, wie die linken Parteien und Bewegungen miteinander neue konkrete Antworten formulieren, ob sie akzeptieren, sich ungeachtet unterschiedlicher Sichten, kultureller und historischer Traditionen sowie nationaler Regelungskompetenzen gerade im sozialen und wirtschaftspolitischen Bereich, im Bildungsbereich, in der Medienwelt und der Außen- und Sicherheitspolitik dennoch auf den Hosenboden zu setzen und gemeinschaftliche Interessen eines demokratischen und sozialen Europas zu bestimmen. Oder ob gerade auch der Brexit selbst bei den Linken einen Rückzug ins Nationalstaatliche forciert und einen »Lexit« als Marschroute ausgibt. Letzteres kann angesichts der Herausforderungen in Europa und im globalen Rahmen keine Lösung sein.

In einem am Mittwoch veröffentlichten Appell wird eine »internationalistische Alternative« zu den europaweit wachsenden Anti-EU-Positionen von rechts gefordert. »Vor dem Hintergrund des alarmierenden Demokratieabbaus, der Zerstörung sozialer Rechte und der Privatisierung öffentlichen Eigentums müssen emanzipatorische Kräfte in Europa auf der Basis von Selbstbestimmung realistische und glaubwürdige Alternativen zum autoritären, neoliberalen Integrationsmodell vorlegen«, so die Unterzeichner. Daher setze man sich für einen »einen Lexit aus dem Euro-System« ein.

Unterstützt wird die Initiative unter anderem vom deutschen Europaabgeordneten Fabio De Masi, dem früheren italienischen Vizefinanzminister Stefano Fassina, vom Ökonom Heiner Flassbeck, Costas Lapavitsas von der SYRIZA-Abspaltung Laiki Enotita und dem Soziologen Wolfgang Streeck.

Die EU sei »kein neutrales Spielfeld«, schreiben die Unterzeichner in der Absicht, vor Illusionen über die Reformfähigkeit der Europäischen Union zu warnen. Auf der Basis einer deutschen Dominanz und über Regeln, die mit der Euroeinführung geschaffen wurden, sowie vor dem Hintergrund der »strengen und kaum legitimierten Maßnahmen, mit denen auf die Eurokrise reagiert wurde«, sei der autoritäre, neoliberale Charakter der EU-Integration sogar »weiter verschärft« worden. Das gegenwärtige europäische Integrationsprojekt sei »zu einem Hindernis für Demokratie und Souveränität« geworden.

Ohne einen Neustart geht es also nicht.

Der Appell entstand bereits vor dem Brexit-Referendum in der vergangenen Woche, wurde aber erst jetzt vom »Lexit Netzwerk« einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt.

Die Autoren knüpfen auch an Diskussionen über einen »Plan B« in Europa an, die nach dem Berlin-Brüsseler »Coup« gegen die SYRIZA-geführte Regierung in Griechenland unter linken Politikern und Ökonomen geführt wurde. Treffen der »Plan B«-Bewegung in Paris und anderen europäischen Städten waren unter anderem von Ex-Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine und seinem griechischen Kollegen Yanis Varoufakis unterstützt worden. Letzterer engagiert sich inzwischen im Netzwerk DiEM25 für eine radikale Demokratisierung der EU und lehnt einen Ausstieg aus dem Euro-Währungssystem ab.

Genau hierin aber sehen die Unterzeichner des Lexit-Appells den entscheidenden Knackpunkt: Die Europäischen Währungsunion sei »von Anfang an auf Austerität und Preisstabilität ausgerichtet« gewesen.

Der Euro kranke dabei nicht etwa an irgendwelchen »Konstruktionsfehlern«, sondern er funktioniere »im Sinne seiner neoliberalen Macher sehr gut«. Statt zu sozialer und ökonomischer Konvergenz zwischen den Euroländern beizutragen, habe dann auch der Euro als Gemeinschaftswährung dazu geführt, »dass sich Löhne, Produktivität etc. noch weiter auseinander entwickeln«.

Dadurch wurden »riesige makroökonomische Ungleichgewichte« verursacht, die in den einzelnen Staaten negative Auswirkungen unterschiedlichen Ausmaßes angenommen haben.

Im Ergebnis wurde »ein immenser Druck auf schwächere Volkswirtschaften« ausgeübt, die in der Praxis auf »einen Rückbau sozialer Sicherungssysteme, exzessive Privatisierungspolitik, Lohn- und Sozialdumping, Steuerwettbewerb, Attacken gegen kollektive Tarifverhandlungen und gewerkschaftliche Organisierung sowie eine Verteufelung öffentlicher Beschäftigung und Massenentlassungen im öffentlichen Sektor« hinausgelaufen seien.

Einen progressiven Ausweg innerhalb des Europäischen Währungssystems sehen die Unterstützer des Lexit-Appels nicht. Die Eurozone erfülle »nicht die Voraussetzungen einer funktionierenden Währungsunion. Es ist auch nicht zu erwarten, dass sich dies in Zukunft ändert«. Realistischer sei hingegen die Gefahr eines noch stärkeren Aufschwungs »rechtsextremer Kräfte in fast allen Euroländern«. Auch diese würden unter anderem auf Anti-EU-Parolen und Anti-Euro-Positionen ihren Erfolg realisieren – davon grenzt sich das Lexit-Netzwerk ab und kritisiert dies als »xenophoben Neoliberalismus«, der eine Bewegungsfreiheit von Menschen zum Ziel habe, nicht aber wirksame Maßnahmen gegen Kapitalmacht, Lohndumping und soziale Spaltung.

Die europäische Währungsunion werde nach Ansicht der Unterstützer des Appells früher oder später ohnehin kollabieren. Daraus ergebe sich »die Notwendigkeit, zwischen alternativen Exit-Szenarien zu wählen, rechts oder links, jeweils mit sehr unterschiedlichen Folgen für die sozialen Klassen in den beteiligten Ländern«. Mit dem Aufruf verfolge man das Ziel, »emanzipatorische, linke Strategien für einen Euro-Exit und eine Überwindung der neoliberalen Integration zu entwickeln«. tos