Solidarität mit verhafteten linken türkischen und kurdischen HDP-Politikern

Solidarität mit der PKK und  verhafteten Chefredakteuren oppositioneller Blätter wie von " Cumhurriyet" wurde bekundet.

Mehrere tausend Kurden und linksgerichtete türken haben sich am Samstag in Köln und anderen deutschen Städten  zu einer Demonstration gegen die Politik des autoritär agierenden türkischen Machthabers Recep Tayyip Erdogan versammelt. Die Kundgebung richtete sich insbesondere gegen die Festnahmen führender linkskurdischer Politiker in der Nacht zum Freitag. Die Polizei sprach zunächst von 6.000 bis 6.500 Teilnehmern. Viele Demonstranten schwenkten Fahnen mit dem Bild des inhaftierten Führers der kurdischen Arbeiterpartei PKK, Abdullah Öcalan. In Sprechchören riefen Teilnehmer zum Widerstand gegen Präsident Erdogan auf. Die Demonstration wurde von der Nav-Dem, dem größten kurdischen Dachverband in Deutschland, mitorganisiert. Bei der Kundgebung sollte später auch der Linke-Vorsitzende Bernd Riexinger reden. In der Nacht zum Freitag hatte die türkische Polizei bei Razzien elf Abgeordnete der linkskurdischen Partei HDP festgenommen, darunter die Parteichefs Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag.

Derweil hat die Intendantin des Berliner Maxim-Gorki-Theaters, Shermin Langhoff, Kanzlerin Angela Merkel zu einer entschiedenen Haltung gegenüber der Türkei aufgefordert. »Sie wollen die Gespräche mit der Türkei fortsetzen, aber wenn Sie weitersprechen, müssen Sie deutlicher werden und die neuerlichen Verhaftungen auf das Schärfste verurteilen«, schrieb Langhoff in einem offenen Brief an Merkel, den »Der Tagesspiegel« am Samstag veröffentlichte. Spätestens seit diesem Freitag sei deutlich, dass in der Türkei nicht nur Journalisten und Künstler, sondern auch gewählte Parlamentarier verfolgt würden. Merkel habe zwar nach den Verhaftungen der Journalisten der Zeitung »Cumhuriyet« Worte der Solidarität gefunden. »Neben Worten der Solidarität sind Sie und wir dringend aufgerufen zu handeln, damit das faktisch existierende totalitäre Regime in der Türkei nicht gänzlich in eine islamofaschistische Diktatur abdriftet«, erklärte die Intendantin und Regisseurin, die in der Türkei geboren wurde. Alle wirtschaftlichen und politischen Beziehungen von Deutschland und Europa mit der Türkei müssten grundsätzlich überprüft werden. »Denn die Dissonanzen zwischen unseren Worten und Taten sind unerträglicher denn je«, schrieb Langhoff.

Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, sagte auf der Demonstration, die Türkei sei jetzt in der Diktatur angekommen. Der Politiker kritisierte die massiven Zwangsmaßnahmen gegen die demokratisch legitimierte Opposition und die Pressefreiheit sowie die massenhaften Säuberungsmaßnahmen in öffentlichen Einrichtungen. Es sei »höchste Zeit, dass die Bundeskanzlerin ihre stillschweigende Komplizenschaft mit der türkischen Regierung beendet und endlich handelt«, so Riexinger mit Blick auf die Bundesregierung. Der Linkenpolitiker kündigte zudem an, dass die Bundestagsabgeordneten Martina Renner und Jan van Aken in der kommenden Woche in die Türkei reisen, um die Chefs der linken, kurdischen HDP zu besuchen.

Über dem Istanbuler Viertel Sisli kreisten Hubschrauber am Himmel, die Polizei rückte mit Wasserwerfern und Tränengas an. Auf diese Weise wurden Demonstranten auseinandergetrieben, die zum Redaktionsgebäude der regierungskritischen Zeitung "Cumhuriyet" ziehen wollten. Eine Solidaritätsbekundung für die Journalisten des Blattes.

Kurz zuvor hatten die türkischen Behörden Haftbefehl gegen "Cumhuriyet"-Chefredakteur Murat Sabuncu und acht weitere führende Mitarbeiter erlassen. Die türkische Justiz wirft ihnen Verbindungen zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vor sowie zur Bewegung des im US-Exil lebenden islamischen Predigers Fethullah Gülen, den Ankara für den Putschversuch von Mitte Juli verantwortlich macht.

Außerdem wurden neun weitere Politiker der prokurdischen Oppositionspartei HDP festgenommen. Zuvor, in der Nacht zum Freitag, waren bei Razzien der türkischen Polizei bereits elf HDP-Abgeordnete festgesetzt worden, darunter die Parteichefs Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag.

Das Vorgehen des Nato-Partners Türkei gegen die HDP und "Cumhuriyet", die letzte große regierungskritische Zeitung im Land, hat international Empörung ausgelöst.

Auch in Deutschland kam es zu Protesten gegen die Festnahmen und die repressive Politik des türkischen Präsidenten Erdogan. In Köln versammelten sich nach Polizeiangaben etwa 3000 Demonstranten auf einem Platz in der Kölner Innenstadt. Die Veranstalter erwarteten bis zu 15000 Teilnehmer. Einige Hundert Polizisten schirmten die Kundgebung ab, laut Behördenangaben verlief der Protest friedlich.

cbu/Reuters/AFP