Steinmeier? Ein Kriegsverbrecher und Nazi Kollaborateur darf nicht Bundespräsident werden

Dass viele westliche Politiker längst vor Kriegsverbrechertribunale hätten gestellt werden müssen, dass letztlich noch jeder der uns in den letzten Jahren präsentierten „Kriegsgründe“ sich schließlich als Propagandamärchen herausstellte und dass die NATO inzwischen kein Verteidigungsbündnis mehr ist – all das taucht in Medien und Politik selten auf. Der Schweizer Friedensforscher Daniele Ganser deckt in seinem neuen Buch „Illegale Kriege“ nun schonungslos diese „andere Seite“ der Wahrheit auf und gelangt zu dem Schluss, dass der Westen seit 1945 immer wieder und konsequent schwerste Verbrechen gegen das Völkerrecht und die Menschheit verübt.

Das Thema ist derzeit sehr wichtig. Wir befinden uns in einer Gewaltspirale, das ist offensichtlich. Die Gewaltspirale hat viele Ursachen, aber die weitaus wichtigste Ursache sind die illegalen Kriege, sie treiben die Gewaltspirale an, meint Dr Daniele Ganser im Interview bei den Nachdenkseiten.

Als Beispiel: Der Angriff der NATO-Länder USA und Großbritannien auf den Irak 2003 war ein illegaler Krieg ohne UNO-Mandat, der die Gewaltspirale extrem angetrieben hat. Wir haben seither im Irak mehr als 1 Million Tote. Die ehemaligen Offiziere und Geheimdienstmitarbeiter des gestürzten Präsidenten Saddam Hussein bilden heute den Kern der sunnitischen Terrormiliz IS, welche Syrien destabilisiert und auch in Europa Terroranschläge ausübt.

Die Gewaltphänomene sind vernetzt. Wir befinden uns in einem Teufelskreis aus Gewalt und Gegengewalt.

Steinmeier war Kanzleramtschef unter Kanzler Gerhard Schröder und später Außenminister.

Da war er in dem System der US Geheimgefängnisse und  Nato-Kriegsverbrechen verstrickt.

Auch wenn die US Regierung keine Truppen entsendete, hat die Bundesregierung den Irakkrieg doch logistisch unterstützt.  Ebenso den auf Kriegslügen basierenden Afghanistankrieg oder etwa den Libyenkrieg.

Der jetzige Bundesaußenminister hatte dieses Amt bereits von 2005 bis 2009 inne. Außerdem war er 1999 bis 2005 Chef des Bundeskanzleramtes unter Gerhard Schröder und von 2007 bis 2009 Vizekanzler. Er war während seiner Zeit im Kanzleramt stark in die Nachrichtendienstkoordination eingebunden. Er trug wesentlich zum Zustandekommen des Memorandum of Agreement bei, das die Grundlage für die Zusammenarbeit des BND mit der NSA in Bad Aibling darstellt.

Diese Zusammenarbeit war bereits vor den Anschlägen des 11. September geplant, in deren Nachgang sich das Streben nach Zusammenarbeit der deutschen und US-amerikanischen Dienste zusätzlich intensivierte.

In Steinmeiers Zeit im Kanzleramt fällt auch die Operation Eikonal, bei der von 2004 bis 2008 Kommunikationsdaten an einem Internetknoten in Frankfurt am Main abgegriffen und nach Bad Aibling ausgeleitet wurden. Der frühere Leiter der Abteilung für Nachrichtendienstkoordination im Bundeskanzleramt und Ex-BND-Präsident Ernst Uhrlau sagte gegenüber dem Ausschuss aus, dass Steinmeier bei der Operation Eikonal unterrichtet gewesen sei. Wie genau diese Unterrichtung aussah, ob Steinmeier dem Projekt zugestimmt hat oder nicht – daran wollte Uhrlau sich nicht mehr erinnern können.

Als Steinmeier zum ersten Mal Außenminister war, wurde AFRICOM in Stuttgart angesiedelt. Die Kommandozentrale der USA für Militäreinsätze in Afrika stand vor allem in Verbindung mit tödlichen Drohnenschlägen und US Drohnenmorden in der öffentlichen Aufmerksamkeit. Es werden sicher auch Fragen dazu aufkommen, wie die Bundesregierung zur Stationierung von AFRICOM in Deutschland und zu der Rolle im US-Drohnenkrieg stand.

Steinmeier hat bereits einige Erfahrung mit Untersuchungsausschüssen. Im vorigen BND-Untersuchungsausschuss zur Rolle des BND im Irak-Krieg musste er insgesamt sechs Mal als Zeuge aussagen.S

Steinmeier traf sich auch mehrfach mit dem Führer der ukrainsichen Nazi Partei Tagnybok, der den "Rechten Sektor" anführt udn den er so hofierte. Auch das disqualifiziert Steinmeier für die Funktion des ersten Mannes im Staate. 

Bundespräsident- Kandidat:War SPD Außenminister Steinmeier ein Folterknecht oder Kumpane des CIA der USA ?

Wer Folter befürwortet oder hinnimmt, foltert mit

Auch Linken-Chef Riexinger bezeichnet Steinmeier als unwählbar. Damit  dürfte Rot Rot-Grün 2017 gestorben sein

SPD Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel schlägt Frank Walter Steinmeier als Bundespräsidenten-Kandidaten vor.

Doch der SPD Spitzenpolitiker galt schon mal als möglicher Folterknecht des kriegerischen  Bush-Regimes der USA  bzw. als jemand, der als deutscher Außenminister und als  Verantwortlicher für den BND - Geheimdienstes diese Folter deckte oder billigend in Kauf nahm.

Die Planung von US-Geheimgefängnissen in Marokko, Rumänien und in einer Stadt im ehemaligen Ostblock wurde laut „New York Times” von einer CIA-Versorgungsbasis in Frankfurt am Main aus koordiniert.

Über Flughäfen und US-Militärbasen in Deutschland wurden CIA-Folterflüge und Gefangenentransporte durchgeführt. Beispielsweise, so „Die Zeit”, ist Abu Omar 2003 aus Italien über die US-Airbase in Ramstein nach Ägypten verschleppt worden.

Der BND, das BKA und das BfV waren nach Medienberichten auf diversen Ebenen am System der US-Geheimgefängnisse beteiligt. Die Behörden haben Namen mutmaßlicher Terroristen und weiteres durch Abhörmaßnahmen gewonnenes Material an die CIA weitergegeben. Das BKA hat, so Schäuble im Bundestag, in Guantánamo und Syrien Befragungen durchgeführt. Bundeswehrsoldaten der KSK bewachten US-Geheimgefängnisse in Afghanistan. Über die Situation in den Lagern waren sie informiert. Sie beteiligten sich laut Murat Kurnaz auch an den Misshandlungen der Internierten.

Auch deutsche Geheimdienste profitieren von Folter, meint der ehemalige deutsche Geheimdienst-Insider Fritzsche.

Bei allem Entsetzen über die Details, die jetzt über die Foltermethoden der CIA bekannt werden: Es ist zu bewundern, wie die politischen Eliten der USA diese Missstände aufdecken und damit beginnen, sie aufzuarbeiten.( Leider nur zum Schein, sie machten danach weiter wie zuvor, Red.)  Aber welche Folgen sollte der Bericht des Senate Intelligence Committee für die Arbeit von Nachrichtendiensten haben, auch für die der deutschen?

Wieder einmal bewahrheitet sich, dass der Einsatz von Folter nicht nur unsere Werte verrät, sie liefert auch keine Erkenntnisse, weil die Opfer ihren Peinigern alles sagen, was die hören wollen. Aber waren fehlende Informationen je das Hauptproblem von Geheimdiensten? War der Grund für gefährliche Wissenslücken nicht vielmehr schlechtes Informationsmanagement? Nach 9/11 hat eine Kommission des US-Kongresses die Versäumnisse der amerikanischen Dienste untersucht. Es wurde klar, dass es vor allem Mängel in der Zusammenarbeit der Dienste und bei der Auswertung vorhandener Informationen gab. Trotz dieses klaren Fazits gab es keine gründlichen Reformen. Stattdessen wurde der verheerende Weg der Repression beschritten.

 

Mich als ehemaligen Insider erschreckt es, wie sehr die sogenannten "verschärften Verhörmethoden" dem Anspruch eines guten Nachrichtendienstes widersprechen, nämlich mit intelligenten Mitteln, guten Quellen und Urteilsvermögen wichtige Geheimnisse zu erfahren und daraus resultierende Gefahren zu erkennen. Es gäbe im Übrigen klügere Ansätze, dem islamistischen Terrorismus den Nährboden zu entziehen, statt ihm neue Generationen von Dschihadisten zuzutreiben – etwa gezielte Entwicklungshilfe, die Ausbildung perspektivloser Jugendlicher, die Unterstützung moderater islamischer Gruppen.

Angesichts dessen, was wir heute über die Praxis der CIA, aber auch der NSA wissen, mag man sich fragen, ob die Tätigkeit eines Nachrichtendienstes überhaupt mit demokratischen Werten vereinbar ist. Schon die reine Spionage, also das Gewinnen von Informationen mithilfe von Agenten, erfordert Maßnahmen zum Schutz von Quellen, die von Fall zu Fall hinterfragt werden müssen – etwa, wenn ein Nachrichtendienst einen Verbrecher als Quelle führt. Die technische Aufklärung, also das Erfassen von Telekommunikation, läuft Gefahr, die Privatsphäre unbeteiligter Personen zu verletzen. Ich selbst habe Mitte der neunziger Jahre mit Wissen des Kanzleramts Journalisten nach ihren Informanten ausgeforscht.

Darüber hinaus gibt es Situationen, in denen eine Regierung ihren Nachrichtendienst gebraucht – missbraucht? –, um politische Ziele durchzusetzen, etwa den Sturz einer unliebsamen Regierung oder die Unterstützung von oppositionellen Gruppen. Auch hierbei werden Menschenrechte verletzt und wird gegen den politischen Verstand gesündigt.

Dem deutschen Bundesnachrichtendienst (BND) bleiben – dank der Begrenzung seiner Aufgaben auf die reine Informationsbeschaffung – einige dieser Dilemmata erspart. Aber auch für ihn stellt sich die Frage: Soll er Informationen annehmen, die möglicherweise durch Folter gewonnen wurden? Informationen arabischer Staatssicherheitsdienste etwa, solche des russischen Geheimdienstes – oder der CIA? Soll er solche Angebote verweigern, auch wenn sie helfen könnten, Terroranschläge in Deutschland zu verhindern?

Es gibt hierauf nur eine Antwort: Die Verantwortlichen im Nachrichtendienst – und je nach Schwere des Falles ihre politischen Auftraggeber – müssen abwägen, ob die Fragwürdigkeit einer Methode so schwer wiegt, dass die Annahme einer Information unvertretbar ist. Diese Abwägungen müssen Verschiedenes berücksichtigen: den Charakter des liefernden Dienstes, welche Angaben er über die Art und Weise macht, auf die er die Information gewann, welchen Wert frühere, vergleichbare Informationen hatten, was der liefernde Dienst mit der Information bezweckt und wie konkret die berichtete Gefahr ist.

Ja, der BND nimmt auch Informationen von Staaten an, die foltern. Das kann man ihm allein aber schlecht vorwerfen. Wenn ein Geheimdienst die Wahl zwischen zwei Übeln hat (von Folter zu profitieren oder eine Terrorgefahr in Kauf zu nehmen), wird er sich kaum für die Terrorgefahr entscheiden. Das wissen auch die Politiker, denen wir Bericht erstatten und die uns kontrollieren sollen. Es ist daher die Politik, die gefordert ist, hier klare Grenzen zu ziehen – und in der Außenpolitik auf das Ende von Folter hinzuarbeiten.

Volker Foertsch leitete von 1989 bis 1995 die Abteilung "Beschaffung" des BND

 

Der aus Syrien stammende, in Hamburg aufgewachsene Mohammed Haydar Zammar, deutscher Staatsangehöriger seit 1982, wurde im Jahr 2002 in einem syrischen Gefängnis von deutschen Beamten fünfzehn Stunden lang vernommen. Zuvor war er „drei Tage lang auf die Befragung im Interesse einer konstruktiven Haltung vorbereitet” worden (so teilte das der Fallführer des syrischen Geheimdienstes den deutschen Vernehmungsbeamten mit). Die deutschen Beamten nutzten die Gesprächssituation, die andere durch Folter erzwungen haben, aus und fuhren mit der Befragung fort (Prantl 2008, S. 157f).

Khaled el Masri, im Libanon geboren und seit 1994 deutscher Staatsbürger, wurde in Mazedonien verschleppt, vier Monate ohne Anklage in einem Geheimgefängnis in Kabul festgehalten. Am Ende der Gefangenschaft wurde el Masri von einem deutschsprachigen Mann vernommen, der sich als „Sam” vorstellte. Dieser begleitete ihn am 28. Mai 2004 auf dem Rückflug nach Albanien, wo er schließlich an der albanisch-mazedonischen Grenze ausgesetzt wurde. El Masri ist sich sicher, dass es sich bei „Sam” um einen deutschen BND-Beamten handelt (Prantl 2008, S. 158f).

Die Verwendung von unter Folter gewonnenen Erkenntnissen wurde vom ehemaligen Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) verteidigt.

Deutschland ist beteiligt
Nachfolgende Chronik ist dem empfehlenswerten Buch von Murat Kurnaz "Fünf Jahre meines Lebens. Ein Bericht aus Guantanamo" entnommen. Sie dokumentiert die Mitverantwortung deutscher Stellen, von der Bundesregierung, über Geheimdienste bis zur Eliteeinheit KSK der Bundeswehr, an dem Schicksal von Murat Kurnaz.

3. Oktober 2001:
Wenige Wochen nach den Anschlägen vom 11. September fliegt der 19-jährige Murat Kurnaz von Frankfurt nach Karatschi in Pakistan. Zeugen geben an, Kurnaz wolle vermutlich zum Kampf gegen die Amerikaner nach Afghanistan reisen. Er bleibt in den folgenden Wochen in Pakistan.

7.Oktober 2001:
Beginn des Afghanistan-Krieges. US-Streitkräfte bombardieren Stellungen der Taliban sowie Ausbildungscamps der Al Qaida.

11. Oktober 2001:
Die Bremer Staatsanwaltschaft leitet gegen Kurnaz und drei weitere Personen ein Verfahren «wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung» ein. In ihrer Verzweiflung belastet vor allem seine Mutter den verschollenen Sohn: Er habe sich verändert, sich einen Bart wachsen lassen, vermutlich beeinflusst vom Vorbeter einer Moschee. Der Prediger wird abgehört, ohne dass Kontakte mit Kurnaz festgestellt werden. Ein Ausbilder zitiert ungenannte Mitschüler von Kurnaz, denen zufolge er angekündigt habe, nach Afghanistan reisen zu wollen.

1. Dezember 2001:
Kurnaz wird nahe Peschawar an einem Auto-Checkpoint festgenommen, nach tagelangem Aufenthalt in verschiedenen pakistanischen Gefängnissen an die US -Streitkräfte übergeben, die ihn nach Afghanistan verschleppen und dort im US-Geheimgefängnis Kandahar internieren und foltern. Bei seiner Festnahme in Pakistan war Kurnaz auf dem Weg zum Flughafen. Er wollte zurück nach Deutschland.

15. Dezember 2001:
Ein Vorauskommando der deutschen Eliteeinheit KSK trifft in Afghanistan ein. Zu den Aufgaben der KSK-Soldaten gehört die Bewachung des US-Geheimgefängnisses in Kandahar, wo Kurnaz gefoltert wird.

9. Januar 2002:
Der Bundesnachrichtendienst (BND) teilt dem Bundeskanzleramt mit, dass Kurnaz einen türkischen Pass hat und im südafghanischen Kandahar festgehalten wird. Dass auf dem US-Stützpunkt ein Terrorverdächtiger aus Deutschland interniert ist, wissen auch die deutschen KSK-Soldaten.

11. Januar 2002:
Erster Gefangenentransfer von Afghanistan nach Guantana-mo. Laut US-Vizepräsident Dick Cheney sollen dort künftig «die Schlimmsten der Schlimmen» interniert werden.

18. Januar 2002:
Das Bundeskriminalamt (BKA) übergibt der US-Bundespolizei FBI Informationen über Kurnaz. Es handelt sich dabei um Erkenntnisse des LKA Bremen aus dem Ermittlungsverfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung.

20. Januar 2002:
Die US-Regierung veröffentlicht Fotos aus Guantanamo. Sie zeigen gedemütigte Gefangene in Ketten, mit Ohrenschützern und geschwärzten Brillen. Das Lager liegt auf einem US-Militärstützpunkt auf Kuba, nach Ansicht des Pentagons haben US-Gerichte hier nichts zu sagen. Die USA verweigern den Gefangenen den Status als Kriegsgefangene, bezeichnen sie als «unrechtmäßige Kämpfer» und provozieren damit internationalen Protest.

23. Januar 2002:
Laut einem BND-Bericht befindet sich Kurnaz noch in Afghanistan, seine «Verbringung nach Guantanamo» werde jedoch «vorbereitet». Weiter heißt es in der Geheimdienst-Depesche: Es gebe ein «Angebot» der USA, «M. K. zu sprechen und zu befragen».

28. Januar 2002:
Mehrere Medien berichten, dass Kurnaz sich in Afghanistan in amerikanischer Haft befindet. Das Stigma vom «Bremer Taliban» ist geboren.

29. Januar 2002:
Im Bundeskanzleramt tagt unter Vorsitz von Frank-Walter Steinmeier die sogenannte Präsidentenrunde. Teilnehmer dieser exklusiven Runde sind in der Regel neben Steinmeier und dessen Geheimdienstkoordinator die Chefs des BKA, des BND und des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) sowie die Staatssekretäre des Auswärtigen Amtes, Bundesinnenministeriums und des Justizministeriums. Die Präsidentenrunde kommt überein, das Angebot der USA anzunehmen und Kurnaz in Guantanamo von deutschen Beamten vernehmen zu lassen.

Inzwischen wurde enthüllt, dass die Zurückweisung des US-Angebots von den obersten Ebenen der SPD/Grünen-Regierung ausging und bereits 2002 diskutiert wurde – auf Sitzungen der so genannten „Präsidentenrunde“, der Chefs von VS, BND (Bundesnachrichtendienst), BKA (Bundeskriminalamt) u. a., unter der Führung des jetzigen SPD-Außenministers Steinmeier (damals Chef des Bundeskanzleramts in der Schröder-Regierung). Diese Runde war sich sehr bewusst über ihre Handlungen und deren mögliche Folgen. Dies geht aus einem VS-Bericht vom Oktober 2002 hervor, wo nachgefragt wird, ob die Regierung wirklich „dokumentieren möchte, dass alles versucht wurde, seine Rückkehr zu verhindern“. Selbst nachdem die eigenen Geheimdienste zu dem Schluss gekommen waren, dass Kurnaz „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ keine Verbindung zu Terroristen hat (Beurteilung der BND-Agenten nach einem Verhör im Oktober 2002 in Guantánamo), und selbst nachdem ein US-Richter zu demselben Schluss gekommen war und die Freilassung von Kurnaz zusammen mit anderen Guantánamo-Häftlingen im Januar 2005 anordnete – selbst dann versuchte die Regierung noch immer, ihm etwas anzuhängen oder seine Rückkehr nach Hause doch irgendwie zu verhindern. So bemerkt ein Memo des Auswärtigen Amts im Oktober 2005: Das Bundesinnenministerium und der VS „hoffen jetzt, von US-Seite weitere Informationen gegen K. zu bekommen, die den Verdacht der Unterstützung im internationalen Terrorismus erhärten“. Von Steinmeier selbst ist zu hören, dass er wieder so handeln würde. Er  erweist sich hier als unbelehrbar. Er verteidigt somit  auch im nachhinein Unrechtsstaatlichkeit und hat sich damit disqualifiziert,  erster Mann im Staate zu werden.

30. Januar 2002:
Laut einem internen Vermerk erörtern BND-Präsident August Hanning und Joschka Fischers Staatssekretär Günter Pleuger, ob ein Vertreter des Auswärtigen Amtes mit zur Kurnaz-Vernehmung nach Guantanamo reist: Eine «Entscheidung von BM Fischer hierzu» stehe noch aus, heißt es in einer Mail.

31. Januar 2002:
Bundeskanzler Gerhard Schröder fliegt nach Washington. Beim Staatsbesuch im Weißen Haus spricht er den Fall Murat Kurnaz nicht an. Im Vorfeld wurde erwogen, sich in der Sache direkt an George Bush zu wenden. Aber die Beziehungen zu den USA will man nicht belasten.

1. Februar 2002:
Rabiye Kurnaz schreibt an das Auswärtige Amt. Die Mutter von Murat Kurnaz bittet um Auskunft über ihren Sohn. Die Polizei informiert sie über den bevorstehenden Transfer ihres Sohnes nach Guantanamo. In verzweifelter Sorge sucht sie Hilfe bei amnesty international und der evangelischen Kirche.

2. Februar 2002:
US-Militärs fliegen Kurnaz nach Guantanamo.

8. Februar 2002:
Außenminister Joschka Fischer beantwortet persönlich einen Brief der besorgten Eltern von Kurnaz - und weist deutsche Diplomaten an, sich um eine konsularische Vertretung von Kurnaz zu bemühen. Die deutsche Botschaft in Washington bittet US-Behörden um Auskunft zu Kurnaz.

15. Februar 2002:
Der Generalbundesanwalt lehnt ab, das Bremer Ermittlungsverfahren gegen Kurnaz zu übernehmen. Begründung: Es wurde kein «einschlägiges Beweismaterial» gefunden, das ein Verfahren wegen Bildung «einer terroristischen Vereinigung» rechtfertigt.

20. Februar 2002:
Der Präsident des Bremer Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV), Walter Wilhelm, schreibt einen Vermerk, Kurnaz habe Verbindungen ins terroristische Milieu. Der Vermerk wird an das BfV weitergegeben. Derweil vernimmt die Bremer Polizei weitere Freunde, Bekannte von Kurnaz, auch Mitschüler, die ihn nicht mögen. Die meisten schließen aus, dass er nach Afghanistan in den Kampf wollte. Einem Vermerk des LKA zufolge findet sich im Umfeld von Kurnaz «keine direkte Aussage, wonach dieser in Afghanistan gegen die Amerikaner kämpfen wollte».

14. März 2002:
In einer Plenardebatte kritisiert Außenminister Fischer die USA wegen des Gefangenenlagers in Guantanamo.

28. April 2002:
Mit rund 300 anderen Gefangenen wird Murat Kurnaz von Camp X-Ray ins neuerbaute Camp Delta verlegt.

27. Mai 2002:
Der Bremer Rechtsanwalt Bernhard Docke übernimmt das Mandat für Murat Kurnaz und informiert von nun an regelmäßig die Medien über die Entwicklung.

9. Juli 2002:
Nachdem bislang mehrere US-Angebote, Kurnaz in Guantanamo zu befragen, vertagt wurden, stimmt die Präsidentenrunde im Kanzleramt nun einer Befragung durch deutsche Geheimdienstbeamte zu. Ermittler vom Bundeskriminalamt (BKA) dürfen nicht mit in den rechtsfreien Raum Guantanamo. Deutsche und amerikanische Behörden tauschen seit Monaten Erkenntnisse über Kurnaz aus.

17. Juli 2002:
Anwalt Bernhard Docke schreibt an Bundesaußenminister Fischer: «Die Situation ist besorgniserregend: Anwälte erhalten bislang keinen Zutritt, etwaige strafrechtliche Vorwürfe wurden bislang nicht konkretisiert. Meines Wissens wurden von amerikanischer Seite bislang keinerlei Angaben über die zeitliche Perspektive der Gefangennahme, die Klärung des Status der Gefangenen sowie die verbindliche Anwendung der Mindeststandards des humanitären Völkerrechts gemäß der Genfer Konvention gemacht.» Im Antwortschreiben des Ministeriums steht, was seit Monaten bekannt ist: «Auf erneute Anfrage bei den amerikanischen Behörden wurde uns jetzt erstmals bestätigt, dass Herr Kurnaz tatsächlich in Guantanamo festgehalten wird.» Das Ministerium verweist auf die Problematik der Staatsangehörigkeit von Murat Kurnaz.

9. September 2002:
Nach Besuchen in Guantanamo zeigt sich das Internationale Rote Kreuz (IKRK) öffentlich besorgt um die psychische Gesundheit der Gefangenen.

22. September 2002:
Bundestagswahl in Deutschland: Die Koalition der rot-grünen Regierung gewinnt mit hauchdünner Mehrheit. Ausschlaggebend war das plakative Nein von Kanzler Schröder zu den Kriegsplänen von US-Präsident Bush im Irak, das zu schweren Verstimmungen zwischen den Washington und Berlin führt. Schröder bleibt Kanzler, Steinmeier Chef des Kanzleramts, Fischer Außenminister und Schily Innenminister.

23./24. September 2002:
Zwei Mitarbeiter des BND und einer des Verfassungsschutzes verhören Kurnaz insgesamt 12 Stunden, unter Kontrolle der CIA. Nach dem Verhör spricht der Mann vom Verfassungsschutz mit einem CIA-Stabsoffizier - und notiert, dass «nach Einschätzung des US-Partnerdiensts ein nicht unerheblicher Teil der dort Internierten nicht dem terroristischen Milieu zuzurechnen ist». Es gäbe Signale direkt aus dem Pentagon, dass Murat Kurnaz «bereits in naher Zukunft» freikommen könnte. In Notizen des mitgereisten Verfassungsschützers heißt es allerdings auch: «Vor dem Hintergrund der möglicherweise bald erfolgenden Freilassung des Kurnaz ist zu klären, ob Deutschland eine Rückkehr des türkischen Staatsbürgers überhaupt wünscht und gegebenenfalls zumindest bei dem zu erwartenden Medieninteresse dokumentieren möchte, dass alles versucht wurde, seine Rückkehr zu verhindern.»

26. September 2002:
BND kabelt nach Berlin: «USA sehen die Unschuld von Murat Kurnaz als erwiesen an. Er soll in etwa sechs bis acht Wochen entlassen werden. Die deutschen Behörden werden vorab informiert, sodass eine Freilassung als von deutscher Seite erwirkt dargestellt werden kann.» Es gibt Überlegungen, Murat Kurnaz nach seiner Rückkehr als V-Mann in der Islamistenszene einzusetzen.

8. Oktober 2002:
Im Kanzleramt geht ein Bericht des BND zu den Verhören in Guantanamo ein. Danach bestehen laut Auskunft eines CIA-Mitarbeiters «gute Chancen», dass Kurnaz zusammen mit weiteren Gefangenen bereits im November freikommen könnte. In der Präsidentenrunde kommen die Chefs der Sicherheitsbehörden überein, Kurnaz nicht als V-Mann einsetzen zu wollen.

13. Oktober 2002:
Die Bremer Staatsanwaltschaft stellt das Verfahren gegen Kurnaz vorläufig ein.

27. Oktober 2002:
In Guantanamo werden die ersten Gefangenen entlassen und zurück in ihre Heimatländer gebracht. Es handelt sich um drei Afghanen und einen Pakistani. Sie berichten in internationalen Medien von Isolationszellen und brutaler Behandlung.

29. Oktober 2002:
Bei der Präsidentenrunde im Kanzleramt wird unter der Leitung von Kanzleramtschef Steinmeier über eine «Nachfrage der USA» beraten, ob Kurnaz nach Deutschland oder in die Türkei abgeschoben werden solle. BND-Präsident Hanning plädiert für eine Abschiebung in die Türkei und eine Einreisesperre für Deutschland. Geheimdienstkoordinator Ernst Uhrlau, Innenstaatssekretär Claus-Henning Schaper und die anderen Mitglieder der Runde stimmen zu.

30. Oktober 2002:
Im Bundesinnenministerium wird auf Weisung von Staatssekretär Schaper ein Strategiepapier entwickelt, wie man die Wiedereinreise von Kurnaz verhindern kann, falls ihn die USA doch nach Deutschland abschieben wollen. «Bitte an die amerikanische Seite, den Pass zur Verfügung zu stellen», heißt es in dem Papier, «damit die Aufenthaltsgenehmigung physikalisch ungültig gemacht werden kann.»

8. November 2002:
Das Bundesamt für Verfassungsschutz informiert die CIA: Im Falle der Freilassung von Kurnaz bestehe der «ausdrückliche Wunsch», dass er nicht nach Deutschland zurückkehre.

9. November 2002:
Bei der CIA stoße die Entscheidung der Bundesregierung, Kurnaz nicht nach Deutschland zu lassen, auf Unverständnis, wie aus einem internen BND-Vermerk hervorgeht. Die «Freilassung sei wegen seiner nicht feststellbaren Schuld sowie als Zeichen der guten Zusammenarbeit mit den deutschen Behörden geplant gewesen». Die US-Seite vermute, die Bundesregierung wolle ihre Härte im Kampf gegen den Terrorismus demonstrieren. Allerdings habe eine andere Entscheidung «im Interesse der USA» gelegen.

Dezember 2002:
Die Leitung des Bundeskriminalamts (BKA) ist mit dem Ergebnis des Verhörs von Murat Kurnaz durch BND und Verfassungsschutz nicht zufrieden. Im BKA überlegt man, eigene Beamte nach Guantanamo zu schicken, um Kurnaz noch einmal zu vernehmen. Schriftlich fragt das BKA deshalb bei den US-Behörden an, ob sie Murat Kurnaz wirklich freilassen wollen.

24. Februar 2003:
Mitteilung der CIA an deutsche Behörden: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt könne eine Verlegung von Kurnaz nicht garantiert werden. Später strengen US-Militärs zwei Verfahren gegen Kurnaz an und bemühen sich bei der Staatsanwaltschaft Bremen vergeblich um Akteneinsicht.

Oktober 2003:
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries besucht ihren amerikanischen Amtskollegen John Ashcroft. Obwohl dabei über Guantanamo und die internationale Kritik gesprochen wird, kommt es nicht zu einem Austausch über den Fall Murat Kurnaz.

12. November 2003:
Rechtsanwalt Docke schreibt Außenminister Fischer: «Die Familie meines Mandanten ist im hohen Maße besorgt um sein weiteres Schicksal. Seit Mai letzten Jahres kam keine Post mehr von ihm.» Nach mehreren Erinnerungsschreiben erhält Docke zwei Monate später Antwort. «Aufgrund der Staatsangehörigkeit von Herrn Kurnaz konnten ihn türkische Regierungsvertreter besuchen. Aus diesen Kontakten und anderen Hinweisen haben wir den Eindruck gewonnen, dass es ihm den Umständen entsprechend gesundheitlich gut geht.»

19. November 2003:
Außenminister Fischer spricht den Fall Kurnaz ohne Erfolg bei seinem US-Kollegen Colin Powell an. Tage später veröffentlicht der «Spiegel» Details zum bisher unbekannten Verhör von Kurnaz durch deutsche Geheimdienstler im Herbst 2002.

Anfang April 2004:
Murat Kurnaz wird erneut verhört. Er glaubt in seinem Vernehmer einen der drei Deutschen wiederzuerkennen, die ihn bereits im September 2002 verhörten. Die drei deutschen Beamten streiten später in einer «dienstlichen Erklärung» gegenüber dem Kanzleramt ab, nochmals in Guantanamo gewesen zu sein.

12. Mai 2004:
Die Stadt Bremen stellt formal fest, dass Kurnaz' Aufenthaltsrecht seit Mai 2002 erloschen ist. In einem Gerichtsurteil erklärt das Verwaltungsgericht Bremen diese Entscheidung später für unrechtmäßig.

28. Juni 2004:
Der Supreme Court, das höchste amerikanische Verfassungsgericht, gesteht allen Gefangenen in Guantanamo das Recht zu, bei amerikanischen Gerichten Klage gegen ihre Inhaftierung einzureichen. Das Gefangenenlager auf Kuba fällt unter die Gerichtsbarkeit der US-Bundesgerichte.

2. Juli 2004:
Rabiye Kurnaz reicht im Namen ihres Sohnes eine Klage auf Haftprüfung ein. Sie macht geltend, dass Murat Kurnaz' Inhaftierung eine Verletzung von amerikanischem Verfassungsrecht, der Genfer Konvention und des übrigen Völkerrechts darstellt. 63 andere Häftlinge reichen ähnliche Klageschriften ein.

Im August 2004:
Die Behörden in Bremen erklären, vermutlich auf Betreiben des Innenministeriums, die unbefristete Aufenthaltsgenehmigung von Murat Kurnaz für erloschen.

30. September 2004:
Murat Kurnaz kommt in Guantanamo vor ein «Combatant Status Review Tribunal» (CSRT). Seit mehreren Wochen werden solche Militärtribunale abgehalten, um die Gefangenen einzustufen - in Scheinverfahren, die Juristen weltweit kritisieren. Alle Häftlinge, die einen Antrag auf Haftprüfung eingereicht hatten, werden vom CSRT als «feindliche Kämpfer» eingestuft.

8. Oktober 2004:
Nach einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der USA vom Sommer, die den Guantanamo-Insassen den Klageweg vor amerikanischen Gerichten gewährt, besucht US-Anwalt Baher Azmy erstmals Kurnaz auf Kuba. Es ist der erste von mehreren Besuchen des Jura-Professors aus New Jersey.

1. Dezember 2004:
Bei einer mündlichen Anhörung vor US-Bundesrichterin Joyce Hens Green in Fragen der Zulassung oder Abweisung der Häftlingsklagen konstruiert die Richterin hypothetische Fälle. Damit soll geklärt werden, wann jemand als «feindlicher Kämpfer» einzustufen wäre. Erstens: «Eine kleine alte Dame in der Schweiz, die Schecks für eine Organisation ausstellt, von der sie annimmt, dass es sich um eine wohltätige Organisation für Waisenkinder in Afghanistan handelt, die aber in der Tat eine Tarnorganisation zur Finanzierung von Aktivitäten von Al Qaida ist.» Zweitens: «Eine Person, die einem Sohn eines Mitglieds von Al Qaida Englisch beibringt.» Drittens: «Ein Journalist, der den Aufenthaltsort von Osama Bin Laden kennt, sich aber weigert, diesen preiszugeben, um seine Quelle zu schützen.» Laut Aussage der US-Regierung wären in allen drei Fällen die entsprechenden Personen als «feindliche Kämpfer» einzustufen und somit eine Inhaftierung in Guantanamo gerechtfertigt.

31. Januar 2005:
Die US-Bundesrichterin Joyce Hens Green urteilt, dass die Inhaftierungen in Guantanamo gegen die US-Verfassung verstoßen. In der Urteilsbegründung wird der Fall Kurnaz hervorgehoben, da gegen ihn auch nach Einschätzung der deutschen Regierung keine brauchbaren Beweise vorlägen.

9. März 2005:
Nachdem der amerikanische Anwalt von Kurnaz seinen Mandanten erneut in Guantanamo gesprochen hat, berichtet Baher Azmy in Deutschland bei einer Pressekonferenz über «physische, seelische und sexuelle» Folter, die Kurnaz in US-Gewahrsam erlebt habe. Tage später reisen Azmy, Anwalt Bernhard Docke und die Familie von Kurnaz in die Türkei. Dort hat die Polizei die Ankunft von Murat Kurnaz aus Guantanamo angekündigt - doch die Angaben erweisen sich als falsch.

14. Oktober 2005:
Weil ein Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes Anfang Oktober im US-Justizministerium und mit einem Vertreter des Nationalen Sicherheitsrats über den Fall Murat Kurnaz spricht, notiert ein Beamter des Bundeskanzleramts: «Wenn die Botschaft Interesse an MK bekundet, muss doch auf US-Seite der Eindruck entstehen, wir wollten ihn zurückhaben. Scheint mir etwas unkoordiniert zu verlaufen.»

26. Oktober 2005:
In einem Aktenvermerk des Auswärtigen Amts heißt es: «Die Frage der Zulassung der Wiedereinreise von Kurnaz war laut Bundesinnenministerium und dem Chef des Bundeskanzleramts bereits mehrfach Gegenstand der nachrichtendienstlichen Lage. Dort sei auch mit dem Auswärtigen Amt Übereinstimmung erzielt worden, eine Wiedereinreise des K. nicht zuzulassen.» Die Sicherheitsbehörden hofften, «von US-Seite weitere Informationen gegen Kurnaz zu bekommen, die den Verdacht der Unterstützung des internationalen Terrorismus erhärten». Kanzleramtschef Steinmeier, so der Vermerk, sei gegen die Wiedereinreise von Murat Kurnaz.

22. November 2005:
Angela Merkel wird vom Deutschen Bundestag zur Bundeskanzlerin gewählt. Frank-Walter Steinmeier wird Außenminister, August Hanning Staatssekretär im Innenministerium. Ernst Uhrlau, zuvor Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt, folgt auf Hanning als Präsident des BND. Der neue Innenminister Wolfgang Schäuble bestätigt öffentlich die Arbeit des deutschen Geheimdiensts in Guantanamo.

30. November 2005:
Urteil des Bremer Landesgerichts: Murat Kurnaz hat seine Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland nicht verloren. Die deutsche Botschaft in Washington erhält daraufhin eine E-Mail des Auswärtigen Amtes: «Das Bundesinnenministerium legt intern und vertraulich Wert auf die Feststellung, dass dies nicht bedeute, dass man Kurnaz hier deshalb nun unbedingt gerne haben würde.»

16. Dezember 2005:
Die Bremer Innenbehörde will nach Abstimmung mit dem Bundesinnenministerium eine mögliche Wiedereinreise von Kurnaz verhindern. Dafür soll Belastungsmaterial gesammelt werden. Der Bremer LfV-Chef Wilhelm schreibt einen neuen Vermerk mit alten, teils widerlegten Anschuldigungen, wonach Kurnaz «nach seiner Einreise in Pakistan aktiv den Kampf der Taliban/Al Qaida in Afghanistan» unterstützt habe.

19. Dezember 2005:
Bernhard Docke schreibt an Angela Merkel und erinnert die Bundeskanzlerin daran, dass «Herr Kurnaz seit nunmehr vier Jahren unter menschenunwürdigen Bedingungen in Guantanamo festgehalten» wird. «Ich habe das Auswärtige Amt in der Vergangenheit mehrfach gebeten, gegenüber den USA auf ein faires Verfahren, bzw. für den Fall, dass keine Anklage erhoben werden soll, auf Freilassung zu drängen», schreibt Docke. «Andere europäische Länder haben sich für ihre Staatsangehörigen in Guantanamo eingesetzt und eine Freilassung erreicht.»

13. Januar 2006:
Die neue Bundeskanzlerin Angela Merkel setzt sich bei ihrem Antrittsbesuch im Weißen Haus bei US-Präsident George Bush für eine Freilassung von Kurnaz ein. Tage zuvor hat sie in einem Interview öffentlich Guantanamo kritisiert: «Es müssen Mittel und Wege für einen anderen Umgang mit den Gefangenen gefunden werden. »

17. Januar 2006:
Die Präsidentenrunde im Bundeskanzleramt entscheidet, da eine mögliche Einreise von Kurnaz akzeptiert werden soll.

29. Juni 2006:
Urteil des Supreme Court: Die Militärtribunale auf Guantanamo sind illegal.

13. Juli 2006:
Bundeskanzlerin Merkel und US-Präsident Bush sprechen in Stralsund erneut über den Fall Kurnaz. Im Hintergrund laufen seit Monaten komplizierte Verhandlungen zwischen amerikanischen und deutschen Vertretern über dessen Freilassung.

24. August 2006:
Kurnaz wird freigelassen und in Fesseln zum US -Luftwaffenstützpunkt im pfälzischen Ramstein ausgeflogen. Von da an wird er noch bis Dezember 2006 vom Verfassungsschutz beobachtet. Erkenntnisse dafür, dass er durch die Jahre im Lager an der Seite terrorverdächtiger Gefangener radikalisiert wurde, gibt es nach Angaben von Verfassungsschützern nicht.

5. Oktober 2006:
Dem «Stern» gibt Kurnaz sein erstes Interview nach seiner Freilassung. Darin schildert er seine mehr als vierjährige Haft in Guantanamo. Er spricht zudem Misshandlungen durch deutsche KSK-Soldaten Afghanistan und eine zweite Vernehmung durch einen deutschen Beamten in Guantanamo an. Recherchen des «Stern» untermauern die Aussage von Kurnaz. In Bremen stellt die Staatsanwaltschaft wenig später das nach seiner Rückkehr wiedereröffnete Ermittlungsverfahren gegen Kurnaz ein, da sich kein hinreichender Tatverdacht ergeben hat.

18. Oktober 2006:
Die Bundesregierung gibt zu, dass deutsche Soldaten der Eliteeinheit KSK in Afghanistan Kontakt mit dem entführten Murat Kurnaz hatten. Geschlagen hätten diese den Deutschtürken jedoch nicht. Der Verteidigungsausschuss des Bundestages hat sich wegen der Vorwürfe als Untersuchungsausschuss konstituiert.

19. Oktober 2006:
Die Bundesregierung stimmt auf Drängen der Opposition zu, dass der BND-Ausschuss seinen Untersuchungsauftrag erweitert und sich um die Rolle der rot-grünen Regierung im Fall Kurnaz kümmert.

22. November 2006:
Murat Kurnaz sagt vor dem CIA-Untersuchungsausschuss des EU-Parlaments aus. Er wiederholt seine Misshandlungsvorwürfe gegen zwei KSK-Soldaten der Bundeswehr, die ihn zu Beginn seiner Gefangenschaft in einem Lager im afghanischen Kandahar schlugen.

14. Dezember 2006:
Ein Bericht des «Stern» enthüllt, wie die rot-grüne Bundesregierung eine frühzeitige Rückkehr von Kurnaz aus Guantanamo verhinderte. Deutlich wird so erstmals die Rolle von Außenminister Steinmeier (in seiner früheren Funktion als Kanzleramtschef), BND-Präsident Uhrlau (Ex-Geheimdienstkoordinator) und Innenstaatssekretär Hanning (Ex-BND-Chef).

8. Januar 2007:
Die Tübinger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen zwei KSK-Elitesoldaten wegen gefährlicher Körperverletzung.

17./18. Januar 2007:
Murat Kurnaz sagt vor den Ausschüssen im Deutschen Bundestag aus. Im Verteidigungsausschuss soll geklärt werden, ob KSK-Soldaten ihn misshandelt haben. Der BND-Untersuchungsausschuss prüft unter anderem, «welche Bemühungen im Fall M. K. von der Bundesregierung unternommen wurden, um M. K. Hilfe zu leisten und seine Freilassung zu erreichen. Insbesondere soll geklärt werden, ob und welche Angebote es von US-amerikanischen Stellen für seine Freilassung gegeben hat, ob sie von deutscher Seite abgelehnt wurden oder ungenutzt blieben, wenn ja, aus welchen Gründen. Geklärt werden soll in diesem Zusammenhang, welche deutschen Stellen des Bundes an einer solchen Entscheidung beteiligt waren und wer die Verantwortung dafür trägt». Zahlreiche Abgeordnete zeigen sich von den Schilderungen des Gefangenenlagers in Guantanamo erschüttert.

18. Januar 2007:
Das ARD-Magazin «Monitor» enthüllt, wie die Bundesregierung noch im Oktober 2005 eine mögliche Wiedereinreise von Murat Kurnaz verhindern wollte. «Süddeutsche Zeitung» und «Stern» veröffentlichen in den folgenden Wochen weitere Details, die Außenminister Steinmeier in Bedrängnis bringen.

23. Januar 2007:
Der CIA-Untersuchungsausschuss des Europäischen Parlaments legt seinen Abschlussbericht vor. Darin werden die Folterungen Murat Kurnaz' festgehalten und seine zweifache Befragung durch Deutsche in den Jahren 2002 und 2004. Der Bericht stellt fest, dass «die Geheimdienste der Vereinigten Staaten und Deutschlands bereits im Jahre 2002 zu der Schlussfolgerung gelangt sind, dass Murat Kurnaz keine Verbindung zu Al Qaida oder zu den Taliban unterhielt und dass er keine terroristische Bedrohung darstellt». Für Aufsehen sorgt die Aussage: «Vertraulichen institutionellen Informationen zufolge hat die deutsche Regierung das Angebot der Vereinigten Staaten aus dem Jahre 2002, Murat Kurnaz aus Guantanamo freizulassen, nicht angenommen.»

24. Januar 2007:
Außenminister Steinmeier nimmt Stellung zum Fall Murat Kurnaz: «Es besteht Grund zu der Annahme, dass Kurnaz nach Pakistan gereist ist, um von dort aus an der Seite der Taliban in Afghanistan gegen die USA zu kämpfen.» Es ist der Beginn einer Diffamierungskampagne der SPD, in der sich auch Ex-Kanzler Gerhard Schröder und der frühere Bundesinnenminister Otto Schily in Interviews zu Wort melden und Murat Kurnaz mit längst widerlegten Behauptungen schwer beschuldigen. Murat Kurnaz wird dadurch in der Öffentlichkeit erneut als «Gefährder» stigmatisiert. Offensichtlich soll so die Entscheidung gerechtfertigt werden, im Herbst 2002 nicht auf die Offerte der USA eingegangen zu sein und damit das Schicksal von Murat Kurnaz besiegelt zu haben.

Quellen:
Murat Kurnaz (2007). Fünf Jahre meines Lebens. Ein Bericht aus Guantanamo. Berlin: rowohlt
Heribert Prantl (2008). Der Terrorist als Gesetzgeber. Wie man mit Angst Politik macht. München: Drömer