IZ History: Wird Brasilien durch den Faschisten Bolsonaro statt BRIC Staat wieder pro westlich? 

Die Wahl von Jair Bolsonaro zum neuen Präsidenten Brasiliens hat weltweit für Entsetzen gesorgt. Der 63-Jährige macht aus seiner Sympathie für die früheren Militärdiktaturen und rechtsextreme Positionen keinen Hehl. Seine chinafeindliche Haltung könnte auch dem BRICS-Verbund schaden, dem Brasilien angehört. Das wiederum könnte dem Westen gefallen.

In der Berichterstattung über den gewählten brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro wurde bislang nur zurückhaltend Bezug genommen auf seinen zweiten Vornamen Messias. Und das, obwohl die Art der Verehrung, die ihm seine Gefolgschaft angedeihen lässt, zuweilen semireligiöse Züge trägt. Das hat nicht nur damit zu tun, dass die in Brasilien besonders einflussreiche konservativ-christliche Freikirche der Pfingstbewegung Bolsonaro massiv unterstützt.

Moskau und Washington vor entscheidendem Kampf um Lateinamerika

Die Pfingstlergemeinde hat teilweise sektenartigen Charakter. Einer ihrer schillerndsten Vertreter, der Chef der sogenannten Universalkirche, Edir Macedo, steht unter Verdacht der Geldwäsche. Besonders der Hang der Pfingstler zum Kreationismus, also zur Ablehnung der Darwinschen Evolutionstheorie, und ein latenter Fundamentalismus und Fanatismus vor allem in Fragen von Familie, Ehe und Sexualität haben offenbar auch großen Platz im Denken von Jair Bolsonaro eingenommen.

 

Die hiesige Berichterstattung über Bolsonaro wurde allerdings mehr von seiner offen ausgelebten Sympathie für die brutalen Militärjuntas der jüngeren brasilianischen Geschichte dominiert. Erwähnt wurde seine unverstellt vorgetragene Verehrung für Hitler und den Faschismus, für Gewalt gegen Andersdenkende als Mittel zum Zweck, sein Hass auf Minderheiten.

Deutlich weniger Aufmerksamkeit wurde Bolsonaros Äußerungen geschenkt, wann immer er sich zu ökonomischen Fragen äußerte. Das könnte damit zusammenhängen, dass es nicht viele solcher Äußerungen von ihm gibt. Der ehemalige Fallschirmjäger hat unumwunden zugegeben, dass er von Ökonomie nichts verstehe.

Bolsonaros Wissenslücken in Wirtschaftsfragen

Ganz grundsätzlich wurden im brasilianischen Präsidentschaftswahlkampf Stimmen laut, die sich geradezu geschockt darüber zeigten, welches zweifelhafte intellektuelle Niveau Bolsonaro angeblich aufweise, sobald er zu Themen sprechen soll, die nichts mit Kriminalität, Militär und Waffen zu tun haben. Bolsonaros möglicherweise ausgeprägter Tunnelblick ist das Einfallstor für Einflüsterer jeder Art, seien es religiöse Eiferer, Sympathisanten einer Law-and-Order-Politik oder neoliberale Hasardeure wie etwa sein Wirtschaftsberater Paulo Guedes, der bereits als eine Art Superminister fantasiert wird.

Ultra-neoliberales U-Boot im Team Bolsonaro

Paulo Guedes ist Absolvent der Chicago School. Diese Hochschule hat sich nicht nur einen Namen mit der besonders exzessiven Anwendung von neoliberalen Dogmen gemacht. Absolventen der Chicago School wirkten nach dem faschistischen Militärputsch von 1973 an den Schaltstellen der chilenischen Wirtschaft.

 
Es verwundert nicht, dass Bolsonaro ein glühender Bewunderer von Augusto Pinochet, seiner Diktatur und natürlich auch seinem wirtschaftspolitischen Kurs ist, der große Armut und Verelendung vieler Chilenen mit sich brachte. Bolsonaro möchte einen solchen Kurs gerne auch Brasilien verordnen. Der Verdacht steht im Raum, dass das eigentlich die Idee seines Spin-Doktors Guedes ist.

 

Guedes ist Verfechter resoluter Privatisierungen von Staatsbesitz und von Freihandel. Doch damit eckt er bei der Generalität an, die von Bolsonaro eine Verteidigung der brasilianischen Wirtschaft gegen ausländische Ausverkäufe wünscht. An diesem Punkt ist interessant, dass Jair Bolsonaro in den 27 Jahren, in denen er im brasilianischen Parlament anwesend war, immer gegen Privatisierungen gestimmt hat. Die Mehrheit seines Kabinettes soll mit strammen Militärs besetzt werden. Deshalb wird spannend zu sehen, ob sich Guedes durchsetzen kann.

Bolsonaros „Taiwan-Tweet“ schreckte China auf

Noch spannender ist allerdings eine andere, ebenfalls kaum in der Berichterstattung thematisierte Frage. Bolsonaro war im März 2018 auf Rundreise in Taiwan. Danach setzte er einen Tweet ab, der für viel Ärger sorgen sollte. Und für erstes Nachdenken darüber, was eigentlich genau wirtschaftspolitisch geschehen würde, sollte dieser Mann tatsächlich in „Palácio do Planalto“ und „Palácio do Alvorada“ (den Arbeits- und Wohnresidenzen der brasilianischen Präsidenten) einziehen. Daran wollte seinerzeit noch niemand glauben.

Bolsonaro hatte nach seinem Taiwan-Besuch getwittert:

„Unsere Reise durch Israel, die Vereinigten Staaten, Japan, Südkorea und Taiwan hat den Kurs, den wir für unser Brasilien haben wollen, deutlicher und klarer gemacht, etwas ganz Anderes, als frühere Regierungen, die kommunistischen Regimes wohlwollend und treu gegenüberstehen, ausgebildet vom Forum von Sao Paulo.“

Das Forum von Sao Paulo ist ein Zusammenschluss lateinamerikanischer Parteien aus dem linken Spektrum, 1990 von der brasilianischen Arbeiterpartei PT in Sao Paulo gegründet. Doch die Aufregung über diesen Tweet rührte nicht von Bolsonaros Ausfall gegen die PT her, aus deren Reihen die letzten vier Präsidenten Brasiliens kamen, die aber durch einen Korruptionsskandal schwer angeschlagen ist. Bolsonaros Gezwitscher provozierte vielmehr China derart stark, dass es über seine Botschaft in Brasilia offiziell wegen der Wortmeldung von Bolsonaro protestierte.

China: Wichtigster Handelspartner Brasiliens

Dazu sollte man wissen, dass China der bedeutendste Handelspartner Brasiliens ist. Der gegenseitige Handelsumsatz umfasste 2017 rund 75 Milliarden US-Dollar. Und mit 124 Milliarden US-Dollar seit 2003 ist China auch der größte Investor in der südamerikanischen Republik. Das kommentierte Bolsonaro in einem Interview mit dem brasilianischen Fernsehsender „Band“ mit dem Satz: „China kauft nicht in Brasilien, China kauft Brasilien!“

Die Rempeleien Bolsonaros gegen China sind auch deshalb so bemerkenswert, weil beide Staaten Mitglieder des Staatenbundes BRICS sind, der seit zehn Jahren daran arbeitet, die Vormachtstellung des US-Dollars im internationalen Zahlungsverkehr zu überwinden. Es ist dieser Aspekt, der Bolsonaro, seine Äußerungen, aber vor allem seinen Wahlkampf in ein etwas anderes Licht rückt.

BRICS – Was ist das?

Als der seinerzeitige Chefvolkswirt der Investmentbank Goldman Sachs, Jim O’Neill, am 30. November 2001 in der Ausgabe 66 der „Global Economics“-Nachrichten seines Hauses über die seinerzeit beachtlichen Wachstumsraten von Brasilien, Russland, Indien und China schrieb, kreierte er bei der Gelegenheit das Kürzel BRIC. Er beabsichtigte nicht, dass sich daraus ein mehr oder weniger loser Staatenverbund entwickeln sollte. Sein Ziel war vielmehr eine lose Begriffsbestimmung für Finanzprodukte, die sein Arbeitgeber speziell für diese Staaten erfunden hatte und die sich auch eine Weile gut verkauften.

Doch seit 2009 hat sich aus dem eher losen Verbund von vier Schwellenländern ein engmaschiges Netz aus fast 50 Gremien entwickelt, die seither regelmäßig tagen. 2011 hat Südafrika dem Verbund BRIC das „S“ hinzugefügt. Beim sechsten BRICS-Gipfeltreffen, 2014 im brasilianischen Fortaleza, wurde die New Development Bank gegründet. Sie hat ihren Sitz in Shanghai und wurde ausdrücklich geschaffen, um das Dollar-Diktat der USA und der von ihr dominierten internationalen Finanzinstitutionen zu brechen. Nicht nur die USA, sondern auch andere westliche Industriestaaten verstanden die Gründung dieser Bank als Kampfansage gegen ihre Hegemonie auf den Weltfinanzmärkten und bekämpften sie seither entsprechend gnadenlos.

BRICS gegen Isolierung Russlands

Den offenen Hass der USA und anderer westlicher Staaten zog sich der BRICS-Verbund allerdings zu, als die BRICS-Staaten sich 2014, nach dem Referendum der Bevölkerung der Krim, an der Seite Russlands gegen Sanktionen westlicher Staaten aussprachen.

Die Wut und die Angst der USA und ihrer engsten Verbündeten im Club der G7 haben gute Gründe. Der Anteil dieser fünf Staaten am Bruttoinlandsprodukt aller Staaten der Welt wurde 2016 mit 23 Prozent beziffert. Legt man die Kaufkraftparität zugrunde, waren es sogar 32 Prozent. Der Anteil der sogenannten G7-Staaten lag mit 33 Prozent nur um einen Punkt höher.

Und da wir in einer kapitalistischen Welt leben, in der entscheidend ist, ob man über genügend große und kaufkräftige Absatzmärkte verfügt, ist noch viel bedeutsamer, dass in den BRICS-Staaten rund 40 Prozent der Weltbevölkerung leben, über drei Milliarden Menschen. In den G7-Staaten leben hingegen nur 11 Prozent der Weltbevölkerung. Es ist also sehr nachvollziehbar, dass sich „der Westen“ von einem Verbund wie BRICS bedroht fühlt.

„Rückkehr“ Brasiliens in den Vorhof der USA?

Vor diesem Hintergrund werden die Entwicklungen in Lateinamerika, aber vor allem in Brasilien in den letzten Jahren interessant. Schon das umstrittene Amtsenthebungsverfahren gegen Präsidentin Dilma Rousseff 2016 weckte bei vielen Brasilianern den Verdacht, ihr Land werde „sturmreif“ geschossen, um es wieder in den Einflussbereich der USA zu führen. Denn Rousseff wurde keine Korruption zum Verhängnis, sondern Haushaltstricks. Doch ihre Amtsenthebung wurde wahrheitswidrig mit Korruption begründet. Das gleiche gilt für Lula da Silva, der trotz gravierender Mängel der Anklage durch konservative Richter ins politische Aus verurteilt wurde.

Jair Bolsonaro grüßt seine Anhänger
 
Außer Frage steht, dass Brasilien vor allem unter der Ägide der Arbeiterpartei PT, der sowohl Dilma Rousseff als auch die Nationalikone Lula da Silva angehören, eines der korruptesten Länder der Erde geworden ist. Aber die Art und Weise, wie in Brasilien die linke Bewegung mit dem Vorwurf der Korruption ausgeschaltet wurde, während gleichzeitig ein nachgewiesenermaßen zutiefst korrupter Übergangspräsident Michel Temer installiert wurde, verursacht Bauchschmerzen und Fragen.

Die Unterstützung Bolsonaros durch erzkonservative Kräfte, die massive Hilfestellung von Konzernen, vor allem finanziell, spricht Bände darüber, welche Kräfte in Brasilien am Werk waren und sind. Dazu gehören im Übrigen auch ausländische Konzerne, wie beispielsweise die Deutsche Bank, die Anfang Oktober 2018 einige Mühe hatte, einen Tweet zu erklären, der von der Netzgemeinde als offene Sympathiebekundung für Bolsonaro und die hinter ihm stehenden gesellschaftlichen Kräfte interpretiert wurde.

„Cambridge Analytica“ in Brasilien am Werk?

Spätestens aber seit kurz vor der entscheidenden Abstimmung in Brasilien enthüllt wurde, mit welchen üblen Methoden im Nachrichtendienst Whatsapp (einer Facebook-Tochter) mit Fakenews und Propaganda Stimmung gegen das Linkslager in Brasilien gemacht wurde, hatten Beobachter merkwürdige Déjà-vus an die Brexit-Kampagne und den Wahlkampf Donald Trumps.

Auch die Abläufe der Staatsstreiche in Chile und Venezuela und der sogenannten Blumen- und Farben-Revolutionen ähnelten verdächtig den Ereignissen und Abläufen in Brasilien. War hier etwa auch eine ähnliche Firma wie Cambridge Analytica oder eine der geheimen Trollfabriken von NSA und GCHQ oder eine der edlen Stiftungen von US-Demokraten oder George Soros am Werk?

BRICS, MINT, MIST – Zukunftsmärkte für Spekulanten?

Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass der eingangs erwähnte Ex-Chefökonom von Goldman Sachs, Jim O’Neill, sich noch weiterer „Kreationen“ rühmen kann. Zum Beispiel die MIST- oder MIKT-Staaten, bestehend aus Mexiko, Indonesien, (Süd)Korea und Türkei. Oder die MINT-Staaten, bestehend aus Mexiko, Indonesien, Nigeria, Türkei. Oder die Staaten der sogenannten „Next Eleven“, bestehend aus Ägypten, Bangladesch, Indonesien, dem Iran, Mexiko, Nigeria, Pakistan, den Philippinen, Südkorea, der Türkei und Vietnam.

All diesen und anderen „Schöpfungen“ von Staatengruppen ist gemeinsam, dass sie als „Zukunftsmärkte“ für Goldman Sachs identifiziert wurden, mit denen sich neue Superprofite erzielen lassen könnten, indem eigens für sie entworfene sogenannte strukturierte Wertpapiere in den Handel gebracht wurden.

Wenig überraschend haben ein paar dieser „Zukunftsmärkte“ prompt erhebliche Probleme, nachdem diese Kurzzeitblasen platzten oder zu platzen drohen. Die Türkei ist das im Moment prominenteste Beispiel.

Brasilien als Bremsklotz oder Stolperstein für BRICS

Dass Bolsonaro möglicherweise als Hebel benutzt wird, um dem BRICS-Verbund Schaden zuzufügen, wird mittlerweile vermehrt diskutiert. Wenn der gewählte neue brasilianische Staatschef ankündigt, er erwäge, eventuell aus dem Welt-Klima-Abkommen auszusteigen wie sein großes Vorbild Donald Trump, dann rückt auch eine Abkehr Brasiliens vom BRICS-Verbund in den Bereich des Möglichen.

Russland hat Brasiliens Elite, die deutlich mehr ökonomischen Sachverstand hat als ihr zukünftiger Präsident, sicherlich nicht ohne Grund einen Tag nach der Wahl mit einer über eine Nachrichtenagentur lancierten Pressemeldung ins Gewissen geredet, das bislang im BRICS-Verbund Erreichte nicht ohne Not aufs Spiel zu setzen. Die Frage ist nur, ob der Adressat auf Empfang gestellt hat.

Fakt ist das Bolsonaro die Umwelt massiv zerstört und den Regenwald nachhaltig abholzt und eine Annäherung an den Westen und gar eine Nato Nitgliedschaft durch US Präsident Trump als Belohnung angedeutet wurde. 

Auf dem G 20 Gipfel in Osaka kam es zudem zu einem Übereinkommen der EU mit vier lateinamerikanischen Staaten. Auch das deutet auf eine  Verwestlichung  Brasiliens durch den Rassisten Bolsonaro hin. 

Südamerikanischer Staatenbund Mercosur hat ein Abkommen mit der EU geschlossen. Die Verhandlungen zwischen EU und den Mercosur-Ländern Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay liefen bereits seit Jahren. Ziel ist ein  Freihandelsabkommen über den Abbau von Zöllen und anderen Handelshemmnissen, das Unternehmen Kosteneinsparungen in Milliardenhöhe bringen soll.

Der Staatenbund Mercosur ist mit einer Bevölkerung von mehr als 260 Millionen Menschen einer der großen Wirtschaftsräume der Welt.

Das Abkommen mit der Mercosur-Gruppe ist das größte, das die EU jemals vereinbart hat. 

Auch hierdurch wird der  neue Einfluß des Westens auf das Land deutlich.