Offener Brief von Pedram Shayar (Attac) an die Mahnwache Erfurt

BREAKING NEWS: Offener Brief an die Mahnwache Erfurt: 

FÜR EINEN HUMANISTISCHEN GRUNDKONSENS! 



Liebe Organisatoren und Teilnehmer der Erfurter Mahnwache,

Die Montagsmahnwachen bringen seit Wochen Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen zusammen. Das ist gut so. Hier beginnt etwas Neues, und wir wollen nicht ewig in den Schützengräben des 20. Jahrhunderts verharren. Wir gehen gemeinsam nach vorne, in ein würdigeres, friedlicheres und gerechteres 21. Jahrhundert. Unser humanistischer Grundkonsens geht von der Überzeugung aus, dass die Menschen grundsätzlich fähig sind, gemeinsam zu einer solidarischen Art des Wirtschaftens, Austausches und Zusammenlebens zu finden. Die freie Entfaltung des Einzelnen ist dabei die Voraussetzung für die freie Entfaltung aller. Unser humanistischer Grundkonsens wird folglich von allen vertreten, die es mit Freiheit, Gerechtigkeit und Würde ernst und ehrlich meinen. 

Es gibt aber auch Menschen, die diesen Grundkonsens solange nicht glaubwürdig vertreten können, wie sie keinen glaubhaften inneren Wandel vollzogen haben. Organisierte Neonazis, braune Kameradschaften und faschistoide Praktiken haben auf unseren Mahnwachen nichts verloren. Darin sind wir uns sicher einig. 

Darüber hinaus steht es uns in einer dezentralen Bewegung nicht zu - und wir haben auch gar keine Möglichkeit, - die lokalen Entscheidungen in Erfurt oder anderswo einfach von außen zu überstimmen. Aber wir haben das Recht unsere Meinung kundzutun: 

Es dürfte keinem Beobachter der Montagsmahnwachen entgangen sein, dass insbesondere die Personalie Jürgen Elsässer immer wieder zu Zwist führt. 

Seit einigen Jahren tritt Jürgen Elsässer in seiner Publikation immer wieder mit schlimmen Ausfällen gegen konkrete Personen und Personengruppen in Erscheinung, die Raum neben seinen geopolitischen Analysen finden. Viele Leser interessieren sich wohl vor allem für Letzteres und blenden Ersteres aus. Den angegriffenen Personen hilft dies aber reichlich wenig. Zudem werden so auf sehr unversöhnliche Weise gesellschaftliche Feindbilder konstruiert und reproduziert, ohne dass dabei ein Wille zur Versöhnung zu erkennen ist.

Dennoch wurde Herrn Elsässer vor gut einem Monat in Berlin eine faire Chance für einen Neuanfang gegeben. Es schien zunächst so, als wollte er diese Chance nutzen.

Viele Teilnehmer der Montagsmahnwachen waren umso mehr zurecht darüber empört und enttäuscht, dass Herr Elsässer bereits kurz danach einen Artikel veröffentlichte, in dem wieder einmal konkreten personenbezogenen Herabwürdigungen Raum gegeben wurde. 

In der aktuellen Ausgabe seines Magazins kommt zudem nun ein Autor zu Wort, der in unsäglicher Weise gegen Migranten, Homosexuelle und Frauen vom Leder zieht. Es ist schlichtweg nicht glaubwürdig, sich auf der Friedensbühne kurzfristig zu mäßigen, um hinterher unverdrossen mit Ressentiments zu spielen, um die Verkaufszahlen eines Magazins zu fördern. 

Hierdurch wird nicht nur konkret Menschen geschadet, dies sind auch genau die effekthaschenden Taktiken, die wir zurecht auch bei anderen Medien ablehnen. Wir sollten in unserer Medienkritik jedoch konsequent sein, auch bei Schreibern die die Montagsmahnwachen nicht unbesehen aburteilen.
Wir stimmen überdies Lars Mährholz zu, der widerholt darauf hingewiesen hat, dass wir alle darauf achten sollten, dass, auch unabhängig vom hier genannten Fall, die Mahnwachen nicht zum Kundenfang missbraucht werden. 

Besonders liegt uns aber am Herzen: Wer auf den Friedensbühnen sprechen möchte, sollte auch außerhalb der Bühne den Weg des Frieden gehen.

Wir bitten Euch, unsere Freundinnen und Freunde von der Montagsmahnwache in Erfurt, deshalb darum, diesen Brief zu diskutieren und Eure Entscheidung zu überdenken. Lasst uns unseren humanistischen Grundkonsens schützen!

Mit friedlichen Grüßen

Lea Frings
Ken Jebsen 
Marsili Cronberg 
Pedram Shahyar 
Prinz Chaos II. 
Rüdiger Lenz 
Stephan Bartunek