Islamfeindlichkeit in Deutschland stark gewachsen:

Islamfeindlichkeit viel größer als Antisemitismus im Lande

Jeden Tag gibt es 5 Übergriffe gegen Muslime in Deutschland. Es leben 5,5 Millionen Muslime in Deutschland und 100.000 Menschen, die der Jüdischen Gemeinde angehören.

Die Zahl der islamfeindlichen Straftaten hat sich im Jahr 2023 mehr als verdoppelt. Antimuslimische Aussagen haben seit Jahren hohe Zustimmungswerte: Jeder zweite empfindet den Islam als bedrohlich. Expertinnen erklären, was das für Musliminnen und Muslime in Deutschland bedeutet.

Ein Passant, der Kinder verfolgt und ihnen droht, das Kopftuch herunterzureißen. Internetnutzerinnen und Internetnutzer, die davon schreiben, die festliche Ramadan-Beleuchtung in der Frankfurter Innenstadt anzuzünden. Ein Neonazi, der mit einem Gewehr durch die Wohnungstür seiner muslimischen Nachbarn schießt – drei Beispiele für Anfeindungen, die Musliminnen und Muslimen in Deutschland in den letzten Monaten erlebten. Antimuslimischer Rassismus ist in Deutschland weit verbreitet. Nach islamistischen Terrorangriffen zeige er sich besonders offen, sagen Expertinnen im Gespräch mit dem MEDIENDIENST.

Muslimfeindliche Straftaten stark gestiegen

Im Jahr 2023 registrierte die Polizei 1.464 islamfeindliche Straftaten. Die Zahl hat sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Rund 83 Prozent der Straftaten waren politisch rechts motiviert. Bereits Ende September 2023 war die Zahl der islamfeindlichen Straftaten höher als im gesamten Vorjahr. Besonders stark stieg die Zahl dann nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober. Auch kontaktierten danach deutlich mehr Menschen als zuvor Beratungsstellen wegen antimuslimischer Vorfälle, wie die zivilgesellschaftliche Allianz gegen Muslimfeindlichkeit Claim berichtete. Quelle

 

Muslime unter Generalverdacht

"In den ersten Wochen nach dem Angriff der Hamas auf Israel machte sich in Deutschland neben den israelkritischen und antizionistischen Anfeindungen auch eine antimuslimische Stimmung breit", sagt die Politikwissenschaftlerin Saba-Nur Cheema.

Auf propalästinensischen Demos, die den Freiheitskampf der Palästinenser unterstützen, rechtfertigten einige Muslime den Angriff auf Israel als legitimen Kampf gegen eine illegale Besatzungsmacht.

Bei den anschließenden Debatten hätten sich aber viele Muslime unter Generalverdacht gestellt gefühlt. "Sogar Schüler wurden von ihren Lehrkräften gefragt, wie sie zur Hamas stehen – also ob sie Terroristen und Massaker an Frauen und Kindern befürworten", berichtet Cheema. Auch dass Politiker wie Robert Habeck (Grüne) und Frank-Walter Steinmeier (SPD) Muslime dazu aufriefen, sich vom Terror der Hamas zu distanzieren, sei für viele frustrierend gewesen. "Das vermittelt den Eindruck: Ich muss mich immer neu beweisen. Ich bin als Deutscher erst akzeptiert, wenn ich mich von Terroristen distanziere," sagt Cheema.

Dass Musliminnen und Muslime häufig für das Verhalten von anderen Gläubigen verantwortlich gemacht werden, zeigt auch eine nicht-repräsentative Befragung von Claim aus dem Frühjahr 2023. Im Vergleich zu den ersten Wochen nach dem Angriff der Hamas sei die antimuslimische Stimmung beispielsweise an Schulen mittlerweile etwas weniger aufgeheizt, so Cheema. Quelle

Weitere Zahlen und Fakten finden Sie in unserem Dossier >> Antimuslimischer Rassismus.

Jeder zweite stimmt muslimfeindlichen Aussagen zu

52 Prozent der Menschen in Deutschland empfinden den Islam als bedrohlich, wie der aktuelle Religionsmonitor der Bertelsmann-Stiftung zeigt. "Das ist keine Momentaufnahme", sagt die Religionsexpertin der Stiftung, Yasemin El-Menouar. "Muslimfeindliche Aussagen haben seit rund zehn Jahren eine permanent hohe Zustimmung." Die Einstellung gegenüber Muslimen in Deutschland sei nach dem Angriff der Hamas demnach nicht plötzlich gekippt. "Die bestehenden Ressentiments äußerten sich nur offener – in den sozialen Medien, auf der Straße, am Arbeitsplatz, bei Anfeindungen und Straftaten." Quelle

 

Fortsetzung folgt