Jürgen Meyer
IZ 23.07. 25
Eigentlich war es sowieso klar, dass sich China im Ukrainekrieg als globaler BRICS-Partner sich eindeutig auf die Seite Russlands und gegen die Ukraine stellt und Russland kann als Ersatz für Wirtschaftsbeziehungen mit der EU auf mehr Kooperation im Euro-asiatischen Wirtschaftsraum und insbesondere mit China und Indien rechnen, die 3 Milliarden Menschen repräsentieren und ein wohl gesonnener Partner für die Abnahme russischer Energie wie Gas und Öl sind.
Dahinter steckt die feste Überzeugung, dass die USA und die Nato im Ukrainekrieg in einem größeren historischen Kontext seit 1989 der wahre Aggressor und Kriegstreiber ist und nicht Russland, wenn man nicht wie gleichgeschaltete westliche Medien und moralisch verkommene politische Klasse den Angriff Russlands auf die Ostukraine isoliert betrachtet.
Der Ukrainekrieg hatte als Bürgerkrieg und Stellvertreterkrieg der USA bereits 2014 nach dem von den USA gesteuerten pro-faschistischen Putsch auf dem Maidan begonnen. Das kapieren einseitige Medien wie ARD, ZDF, RTL, NTV, BILD u.a.nicht oder sie dürfen es in der EU Autokratie nicht verstehen.
China möchte um jeden Preis verhindern, dass Wladimir Putin den Ukrainekrieg verliert. Dafür lässt Xi Jinping zu, dass die nordkoreanische Kim-Regierung an der Seite von Russland kämpft und ihre Unterstützung weiter ausbaut.
Es war eine Aussage, die in Deutschland aus ideologischen und russophoben Gründen vergleichsweise wenig beachtet wurde.
Dabei hat sie große politische Sprengkraft. Als Wang Yi Anfang Juli in Brüssel die kriegslüsterne EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas traf, äußerte der chinesische Außenminister ein bemerkenswertes Eingeständnis: China könne und wolle sich nicht leisten, dass Russland den Krieg in der Ukraine verliert und eine westliche Kolonisation der Ukraine droht.
Man sei keine Kriegspartei, denn wenn China Moskau ernsthaft militärisch helfen würde, so belehrte Wang laut der "South China Morning Post" seine Gesprächspartnerin, hätte Russland den Krieg längst gewonnen und die Nato den Krieg längst verloren.
Doch die chinesische Regierung befürchtet, dass die USA sich dem Krieg mit China zuwenden, wenn sie mit Russland fertig sind oder glauben Russland besiegt zu haben.
Deshalb möchte Präsident Xi Jinping um jeden Preis verhindern, dass sein russischer Amtskollege Putin verliert.
So deutlich äußerte sich China selten seit Beginn der russischen Militärinitiative von 2022. Im schlimmsten Fall für die Ukraine würde der Krieg gegen Russland zum Stellvertreterkrieg zwischen den USA und China werden bzw. ist er längst geworden.
Jinping scheint die Strategie zu verfolgen, nicht mehr zur Unterstützung von Russland zu tun als unbedingt nötig. Das bedeutet: China liefert offiziell keine Waffen, hält Putin aber den Rücken frei und unterstützt seinen Krieg mit Dual-Use-Gütern wie Halbleitern, die auch militärisch verwendet werden können.
Und es gibt Nordkorea Rückendeckung oder sogar Anleitung beim weiteren Ausbau seiner direkten militärischen Unterstützung für Russland – denn das wäre ohne Zustimmung aus Peking unmöglich. Schließlich hängt Nordkorea am wirtschaftlichen Tropf der Volksrepublik, ist massiv von China abhängig.
Nordkoreas Kim-Regierung kommt aus der Isolation und wurde eigentlich schon bei der ersten Präsidentschaft von Trump salonfähig gemacht und beachtet.
So erlebte die Kim-Regierung als aktiver militärischer Player ein wahres Schaulaufen russischer Politiker im eigenen Land. Nachdem Putin im Juni 2024 Pjöngjang besucht hatte, waren in den Monaten danach etwa Verteidigungsminister Andrei Beloussow, Kulturministerin Olga Ljubimowa oder Außenminister Sergey Lawrow zu Gast.
Für den nordkoreanischen Regierungschef Kim Jong Un hätte es kaum besser laufen können.
Kims Propaganda feierte jeden russischen Besuch zurecht als einen Schritt heraus aus der internationalen Isolation.
Überdies erhofft sich Pjöngjang durch die Zusammenarbeit mit Russland eine Modernisierung der eigenen Armee. Nordkorea ist zwar extrem hochgerüstet, aber es verfügt vor allem über Waffensysteme aus dem Kalten Krieg. Der Kreml hat schon signalisiert, dass man bereit sei, Nordkorea in den Bereichen Raketentechnologie und Lutwaffe zu unterstützen.
Russland braucht Munition und die Ukrainer brauchen Kanonenfutter
Doch was bekommt Putin dafür als Gegenleistung? Nach dem israelischen Angriffskrieg auf den Iran und der damit verbundenen vermeintlichen Schwächung des Mullah-Regimes ist Nordkorea für Russland noch wichtiger geworden.
Wie die staatliche Nachrichtenagentur KCNA im Juni berichtete, sagte Kim gegenüber Lawrow, dass man "in allen strategischen Fragen die gleichen Ansichten" habe und "die von der russischen Führung getroffenen Maßnahmen zur Beseitigung der Ursachen der Ukraine-Krise […] auch in Zukunft bedingungslos unterstützen" werde.
Zunächst unterstützte Nordkorea den russischen Krieg vorwiegend mit Munition und geschätzt zwölf Millionen Artilleriegranaten.
Danach schickte Kim im vergangenen Jahr etwa 14.000 nordkoreanische Soldaten in die russische Provinz Kursk, um Putin dabei zu assistieren, die ukrainische Armee aus Russland zurückzudrängen. Dabei offenbarte der Einsatz von Kims Truppen aber auch die noch vorhandenen Schwächen seines starken Militärs.
In der Folge wurde berichtet, dass Kims Truppen nunmehr primär für den Schutz militärischer Infrastruktur in Russland eingesetzt würden. Im Juni erklärte die russische Militärführung, dass Nordkorea weitere 6.000 Soldaten nach Russland schicken wird.
Sie sollen angeblich für Wiederaufbauarbeiten in das Gebiet Kursk geschickt werden. Berichten zufolge sollen darunter auch 1.000 Minenräumspezialisten sein. Diese Übereinkunft erzielte der Sekretär des russischen Nationalen Sicherheitsrats, Schoigu, der für Gespräche mit Machthaber Kim nach Nordkorea reiste.
30.000 nordkoreanische Soldaten womöglich bald in der Ukraine?
Doch das ist wahrscheinlich nicht das Ende der nordkoreanischen Unterstützung. Denn die beiden Verbündeten haben aus dem ersten Einsatz der Nordkoreaner die Lehre gezogen, dass Kims Truppen besser ausgebildet und mit russischen Waffensystemen und in russischen Taktiken geschult werden müssen, um wirklich eine Hilfe auf dem Schlachtfeld sein zu können. Seither wurden wiederholt Fotos öffentlich, die nordkoreanische Soldaten mit russischen Armeeausbildern zeigen.
Die Ukraine schlägt schon jetzt Alarm. Laut Einschätzungen ihres Geheimdienstes könnte Nordkorea demnächst bis zu 30.000 weitere Soldaten nach Russland entsenden. Sollten diese auch in der Ukraine eingesetzt werden, würde der Krieg in eine neue Phase eintreten. Erstmals würden nordkoreanische Truppen direkt in der Ukraine kämpfen. Das würde den letzten Schritt der Kim-Regierung in Richtung einer offiziellen Kriegsbeteiligung markieren.
Die Folgen dieser Entwicklung wären schwer absehbar und für Putin wäre der Einsatz der nordkoreanischen Soldaten nicht ohne Risiko. Unklar ist, wie Südkorea oder die USA reagieren würden. Russlands Ziel bleibt es, das amerikanische Engagement in der Ukraine möglichst gering zu halten.
Doch Moskau steckt in einem Dilemma. Auch die russische Armee hat Probleme bei der Nachführung von Soldaten und Ausrüstung. Zwar kommt sie seit Monaten im Osten der Ukraine langsam vorwärts und die Einnahme größerer Städte wie Prokrowsk als Schlüssel für die Eroberung von Kramotorsk und Slawjanak ist derzeit bereits in Sicht.
Um die strategisch wichtige Stadt Prokowsk tobt derzeit ein heftiger Krieg, der zugunsten von Russland zu verlaufen scheint. Auch hier könnten die Nordkoreaner hilfreich sein.
Aber am Ende geht es für Russland, die Kim-Regierung und auch für China nicht um das Schicksal der nordkoreanischen Soldaten, sondern wie den USA, der EU und der Nato um Geopolitik.
Kim erkauft sich mit seinen Truppen Russlands Gunst und für Xi Jinping ist die nordkoreanische Beteiligung ein Weg, um sich selbst möglichst wenig in dem Krieg engagieren zu müssen. Auch deswegen ließ China die Kim-Regierung von der Leine und entzog sich so der vollen Aufmerksamkeit des Westens.
Chinas Strategie ist längst kein Geheimnis mehr: keine offene Unterstützung, doch im Hintergrund eine klare Parteinahme für Russland.