Mitglieder-Aufnahme-Praxis wird zunehmend hinterfragt
Jürgen Meyer IZ 17.12.2024
Trotz der äußerst selektiven Aufnahmepraxis der Sarah-Wagenknecht-Partei, bei der auch über Jahrzehnte aktive und kampferfahrene Linke zugunsten eines rein soziologischen Proporzes oftmals nicht zum Zuge kommen, gibt es zunehmend Unruhe, die teilweise auch die Führungsebene in den Landesverbänden erreicht.
Bei dem Verfahren leidet nicht nur die programmatische Schärfe und das Profil der neuen Wagenknecht-Partei. Es kommt in vielen Landesverbänden auch Unruhe bei Unterstützern und Sympathisanten nicht nur an der Basis auf, die sich oftmals als Mitglieder zweiter Klasse fühlen. Es wird eine Abschottung der bestehenden Mitgliedschaften und der Mitglieder mit Delegiertenstatus oder gar mit Mandaten in Europaparlament, Bundestag und in den Landtagen gegenüber dem Rest der Basis befürchtet.
So kam es jetzt im Landesverband Hamburg zu einer Klage von BSW-Mitgliedern vor bürgerlichen Gerichten, die die restriktive Aufnahmepraxis der Partei infrage stellt.
Jetzt haben zudem sogar zwei Mitglieder einen alternativen Landesverband gegründet, den aber der Bundesvorstand nicht anerkennt. Der eigentliche Landesverband soll ebenfalls gegründet werden.
Machtkampf im Hamburger BSW: Mitglieder gründen eigenen Landesverband
Sieben Mitglieder der Partei haben am Wochenende versucht, ohne Kenntnis des Bundesvorstandes einen Landesverband in der Hansestadt zu gründen.
Die Gruppierung nennt sich demnach "Bündnis für Vernunft und Gerechtigkeit", wie das Nachrichtenportal t-online berichtet. Das neue "Bündnis" hatte auch direkt einen Kandidaten für die Bundestagswahl ernannt und diesen am Dienstag dem Landeswahlleiter in Hamburg gemeldet.
Eigentlich hätte der offizielle BSW-Landesverband in Hamburg am Sonntag gegründet werden sollen. Demnach sollten auf dem Parteitag der Vorstand, die Bundestagskandidaten und die Kandidaten für die Bürgerschaftswahl im März bestimmt werden. Doch dazu kam es nicht, da der Vermieter der Räumlichkeiten den Mietvertrag kurzfristig gekündet hatte. Angeblich habe der Mieter, eine Privatperson und BSW-Mitglied, nicht über den geplanten Parteitag informiert. Der Termin für den Parteitag wurde daher offiziell auf den 21. Dezember verschoben.
Dejan Lazić, BSW-Mitglied aus Hamburg, hatte dem Bericht zufolge gemeinsam mit seinem Parteifreund Norbert Weber eine andere Räumlichkeit gesucht und die Mitglieder dort hingeleitet. Vor Ort wurde dann versucht, den neuen Landesverband zu gründen. Dieser hat den Meldungen zufolge eine eigene Satzung und ein eigenes Schiedsgericht. Sollte der Bundesvorstand dagegen vorgehen, wird er sich womöglich an den Schiedsrichter Dejan Lazić wenden müssen. Der Bundesvorstand kündigte bereits an, den Landesverband nicht anzuerkennen, und teilte mit:
"Das ist ein aus unserer Sicht nichtiger Vorgang, der mit dem Parteivorstand nicht abgesprochen war und unserer Satzung widerspricht. Die Gründung des Landesverbands erfolgt am kommenden Samstag auf Beschluss des Parteivorstands unter Einbeziehung aller Mitglieder – so wie es unsere Satzung vorsieht."
Lazić und Weber versuchten ihrerseits, Vorstandsmitglied Lukas Schön die Schuld in die Schuhe zu schieben, der die Gründungsversammlung "rechts- und satzungswidrig auf den 21.12. verlegt habe." Aus ihrer Sicht habe "der Bundesvorstand zu verantworten, dass nicht alle Mitglieder bei der Gründungsversammlung durch das Chaos anwesend waren."
Wie es nun weitergeht, bleibt vorerst unklar: Im Extremfall hätte das BSW demnächst zwei Landesverbände in Hamburg, was bereits für genug Konflikte sorgen könnte. Da Lazić und Weber allerdings bereits einen Kandidaten für die Bundestagswahl aufgestellt und den Landeswahlleiter darüber informiert haben, könnte es in Hamburg gegebenenfalls bald zwei Wahllisten des BSW für die Bundestagswahl geben. Ob die Partei unter diesen Umständen überhaupt in Hamburg antreten darf, dürfte wohl die Gerichte beschäftigen.
Bereits in den vergangenen Wochen hatte es in Hamburg Streit beim BSW um eben jene Gründungsmitglieder des neuen "Landesverbandes" gegeben: Lazić und Weber hatten gegen die restriktive Aufnahmepraxis des BSW protestiert und gegen die eigene Parteisatzung geklagt. Anders als in anderen Parteien entscheidet beim BSW ausschließlich der Bundesvorstand über die Aufnahme neuer Mitglieder. Das bestätigte mir beispielsweise auch Robert Crumbach aus Brandenburg.
Ich selber war in Brandenburg zwar gut genug, mit dem Landesgeschäftsführer Stefan Roth zusammen exklusiv Unterschriften für die Unterstützerlisten für den Europawahlkampf in Luckenwalde in der Fußgängerzone am Markt zu sammeln, wobei wir uns ein Kopf an Kopf-Rennen lieferten, aber über meinen Mitgliedsantrag gab es bisher nicht mal eine Auskunft und somit weder eine Zusage noch eine Absage. Ich hätte auch mit einer Absage kein Problem. Aber es gehört zum guten Stil sich da konkret zu äussern. Diesen Stil kann man getrost hinterfragen. Das muss sich ändern und ich bin guter Hoffnung, dass es da auch bald Änderungen im Sinne der Basis der Bewegung geben wird. Zudem wäre Stefan Roth im gleichen "Ortsverband" wie ich. Aber auch Anfragen in dieser Richtung blieben bisher ergebnislos.
Mein virtueller Weggefährte Volker Schneider berichtet mir, dass im Saarland inzwischen 3 der 10 Mitglieder des Landesvorstandes des BSW im Saarland zurückgetreten sind. Das mag auch andere Ursache haben, die nichts mit der Mitgliederfrage zu tun haben. Aber es zeigt, dass auch eine selektive und strenge Auswahl der Mitglieder keine Garantie für Harmonie und Eintracht sein kann - zumal kontroverse Diskussionen das Salz in der Suppe sind.
Auf der Listenaufstellung des Landesverbandes Saar, hat Oskar Lafontaine (und der hat ja einen unmittelbaren persönlichen Bezug zu einer der Parteivorsitzenden) erklärt, dass man unmittelbar nach dem Parteitag im Januar die Aufnahme von Mitgliedern neu regeln werde und damit auch deutlich mehr Mitglieder als bisher aufgenommen werden könnten. Hintergrund sei die Tatsache, dass das bisherige Verfahren auf der Bundesebene erhebliche Ressourcen gebunden habe und insoweit die Möglichkeiten der Aufnahme begrenzt waren. Mit dem derzeitigen Mitgliederstand befinde man sich aber auf einer Ebene, wo Parteitage kaum noch als Mitgliederversammlungen durchgeführt werden können und auf Delegiertenversammlungen übergegangen werden müsse. Delegierte zu wählen sei aber solange nicht möglich gewesen, solange es nicht überall Landesverbände gäbe, in denen Delegierte auch gewählt werden könnten. Die beiden letzten Landesverbände werden jetzt aber am kommenden Wochenende gegründet. Um dann schneller wachsen zu können, sollten künftig über die Aufnahme die Landesverbände entscheiden, die allerdings auch weiter überprüfen sollten, wer da so alles in die Partei wolle. Auch das setze zunächst einmal voraus, dass es überall Landesverbände gäbe. Der bei der Listenaufstellung anwesende stv. Parteivorsitzende Amid Rabieh bestätigte, dass künftig Mitglieder mehr und schneller aufgenommen werden sollen.
Auch die anfängliche Entwicklung in Thüringen, wo zunächst eine unzureichende Koalitionsvereinbarung durch den Landesverband um Katja Wolf durchgesetzt werden sollte und wo Sahra Wagenknecht erst ultimativ intervenieren musste, zeigt auf, dass es keine Garantien für eine "perfekte" Auswahl der Mitgliedschaft geben kann.
Für die IZ aus dem Deutschen Bundestag
Georg Theis
16. Dezember 2024

,,Kanzler Scholz hat unser Land in eine schwere Krise geführt. Drei Jahre Abstieg – und nun bittet er um vier Jahre Verlängerung? Darauf muss man erstmal kommen. Deutschland braucht einen echten Neuanfang. Nicht mehr BlackRock, sondern mehr Mittelstand! Mehr sozialen Zusammenhalt statt mehr Ellenbogen!
Eine starke Industrie, niedrige Energiepreise und eine friedliche Außenpolitik. Dafür steht das BSW, nicht jedoch die Ampel-Parteien und erst recht nicht Herr Merz, der unser Land noch tiefer in den Krieg ziehen will, der milliardenschwere Steuersenkungsversprechen ohne Gegenfinanzierung macht und nicht einmal ausschließt, Pleiteminister Habeck noch einmal auf unsere Wirtschaft loszulassen."
Die komplette Rede kann hier angesehen und angehört werden: https://www.youtube.com/watch?v=SrZ5ZiCy1LI
Kann nur noch Putin den "Kriegstreiber" Merz stoppen?
Wer Merz-CDU wählt, wählt den Krieg
Jürgen Meyer IZ 18.12.24
Bild Erik Schaffner
Die deutsche politische Rechte hatte mit dem Bündnis der deutschen Konservativen mit der NSDAP von Adolf Hitler den Russenhass auf die Spitze getrieben.
Der sogenannte slawisch bolschewistische Untermensch war seit der Publikation seines Hauptwerkes "Mein Kampf" der zu vernichtende Hauptfeind des deutschen Volkes.
Die Niederlage des Hitlerfaschismus im 2. Weltkrieg insbesondere in der Schlacht von Stalingrad und von Kursk, wo die größte Panzerschlacht der Weltgeschichte stattfand, die die Bolschewisten für sich siegreich beenden konnten, wurde insbesondere von der deutschen Rechte bis heute nicht überwunden.
So formierten sich schon bald nach 1945 ewiggestrige Revanchisten, die Rache an Russland und dem russischen Volk nehmen wollten. Viele Altnazis wurde in die Mitgliedschaft der CDU eingebunden.
Medien wie BILD der Springer-Oligarchen stellten sich damals wie heute an die Spitze der russophoben Kriegstreiber.
Damals wurden führende russische Bolschewisten wie Lenin, Stalin, Chruschtschow oder Breschnew dämonisiert - heute der Staatskapitalist Wladimir Putin.
Mit dem Ukrainekrieg sehen Erzkonservative und Altnazis ihre Zeit für diese Revanche nach ca. 80 Jahren endlich gekommen.
Springerblatt "Bild" im Wahlkampf-Modus: Alles außer Merz ist "russische Propaganda"

Auch das Springerblatt Bild befindet sich mittlerweile offen im Wahlkampf-Modus und warnt die besorgte Bürgerschaft davor, dass ein "drohender Kriegskanzler" Friedrich Merz (CDU) und dessen Darstellung als "eiskalte Marionette fieser Heuschrecken-Kartelle" und als "Russen-Feind" nichts anderes als russische Propaganda sei.
Putin habe seine "Abteilung für Agitation und Propaganda" darauf getrimmt, den Deutschen genau dies einzubläuen, so die jüngste Unions-Wahlwerbung der Bild. Dies gehe aus einer "Auswertung europäischer Sicherheitsdienste" hervor, die im Artikel jedoch nicht näher erläutert wird. Merz solle demnach als Kriegstreiber hingestellt werden, während, wie der Artikel wenig subtil andeutet, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) "voll auf die Kriegsangst der Deutschen setze".
Der Kreml verfolge demnach zwei Strategien: Zum einen soll Merz als Kriegskanzler und früherer Manager bei einem US-Investmentkonzern als "Mister BlackRock" denunziert werden. Zum anderen solle die Behauptung verbreitet werden, dass Merz' Politik dazu führen werde, "dass sich die Ukraine für Waffenlieferungen und Kriegskosten so stark bei den Finanzriesen verschulde, dass sie am Ende nur mit ihren Rohstoffvorkommen (Seltene Erden, Weizen) bezahlen könne. Pointe der Schauer-Geschichte: die Ukraine als Sklave des internationalen Monopolkapitals."
Eine Erklärung, warum die Bild dieses Vorgehen angesichts der ökonomischen Tatsachen als "Schauermärchen" bezeichnet, bleibt in dem Artikel offen. Dass die Springer-Publikation die eigene Leserschaft nicht gerade für die intelligenteste hält, ist jedoch hinlänglich bekannt.
Als Beleg für seine Behauptungen führt das Boulevardblatt an, dass sich nicht nur "Troll-Armeen" und "Social-Media-Agenturen", sondern sowohl AfD-Politiker als auch die "Altkommunistin" und BSW-Chefin Sahra Wagenknecht in ihren Reden kritisch über Merz geäußert haben. So erwähnt die Bild, deren CEO Mathias Döpfner für seine ablehnende Haltung gegenüber Ostdeutschland bekannt ist (Zitat: "Meine Mutter hat mich immer vor den Ossis gewarnt", "Die Ossis sind entweder Kommunisten oder Faschisten. Dazwischen tun sie es nicht."), beispielsweise erwähnt, dass der AfD-Ehrenvorsitzende Alexander Gauland über Merz sagte:
"Er wird noch mehr tun, dass der Krieg näher an uns heranrückt …"
AfD-Chef Tino Chrupalla habe sogar einen Wahlslogan genutzt, mit dem er sich bei den Kommunisten aus der Zeit der Weimarer Republik bediente:
"Wer Merz wählt, wählt Krieg!"
Tatsächlich ist es eher ein Slogan der linken KPD der Weimarer Republik: Wer Hitler wählt, wählt den Krieg".
Aber auch die angebliche "Altkommunistin" Sahra Wagenknecht lasse "keine Gelegenheit aus, Merz als Heuschrecken-Marionette darzustellen", so Bild-Autor Peter Tiede.
Letztendlich verwundert es nicht, dass das Springerblatt nicht einmal einen Geheimdienstler fand, der sich zitieren ließ. Stattdessen muss der ehemalige Chef des Bundesnachrichtendienstes, August Hanning, herhalten und erklären:
"Es fällt auf, dass beide Truppen ins selbe Horn blasen."
Frieden ist für Friedrich Merz jedenfalls nicht so wichtig, denn auch auf dem Friedhof gäbe es Frieden. Welch eine Verachtung des menschlichen Lebens durch den CDU-Spitzenpolitiker!

