IZ-History: Sahra Wagenknecht- Die Krise aus Sicht einer Kommunistin

Rezension in der Süddeutschen Zeitung vom 07.02.2009

Interessantes von der Seite von Sahra Wagenknecht

08.02.2009

Sahra Wagenknecht ist Kommunistin und dabei unverdrossen. Selbst in der SED-PDS-Nachfolgepartei "Die Linke" steht sie als leitendes Mitglied der Kommunistischen Plattform eher links außen. Das Establishment fragt die 39-Jährige dennoch gern für Talkshows und Interviews an, denn Sahra Wagenknecht weiß sich zu präsentieren. Sie ist klug und attraktiv. Hochgestecktes Haar, hochgeschlossene Kleidung, ernster Blick; die Presse schwärmt von "der schönen Kommunistin", und selten fehlt der Vergleich mit Rosa Luxemburg, an die sie ausweislich alter Fotos tatsächlich erinnert. Sie ist vor allem aber kenntnisreich, mit einer für Marktwirtschaftler allerdings schwer verdaulichen Weltsicht: Sahra Wagenknecht ist Kommunistin, und das aus Überzeugung.

Entsprechend ist sie im politischen Alltag knallhart. Sie kritisiert den "Schmusekurs" ihrer Partei bei den Regierungsbeteiligungen in den Ländern, und sie geißelt die von der Linken mitgetragenen Kompromisse beim Kürzen sozialer Leistungen und bei Privatisierungen. Nicht weniger, sondern mehr Staat, und zwar massiv mehr Staat, lautet ihre Devise. Schlüsselindustrien gehören in die öffentliche Hand, und auch das ganze Finanzgewerbe - jetzt erst recht. Wagenknecht will die kapitalistischen Produktionsverhältnisse überwinden und träumt von einer anderen Gesellschaft. Sie erklärt sich solidarisch mit dem kubanischen Staatschef Fidel Castro und dem venezolanischen Staatspräsidenten Hugo Chávez und lehnt jede Form von Anti-Kommunismus ab.

1992 nannte Wagenknecht die Mauer ein "notwendiges Übel" und meinte damals, die DDR sei "ein besserer Staat als die BRD" gewesen - ohne dass sie heute das alte Regime zurückhaben will. Auf die Frage, mit wem sie lieber über Wirtschaftspolitik streiten wolle; mit Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann oder mit SPD-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, sagt sie spitz: "Natürlich mit Herrn Ackermann." Warum? "Weil das spannender wäre, als mit seinem Handlanger zu reden."

Diese Frau hat nun ein Buch über die Finanzkrise geschrieben, und sie schickt es auch schon mal "natürlichen Gegnern" mit der Bitte um Beachtung. Wer sich auf das Wagnis einlässt, wird nicht enttäuscht. Ein überzeugter Marktwirtschaftler wird allerdings nicht die Schlussfolgerungen des Buches teilen ("Der Kapitalismus muss überwunden werden"). Auch halten viele vorgebliche Tatsachenbehauptungen der Realität nicht stand ("Es gab selten ein System, das so wenige Profiteure und so viele Verlierer hatte wie der heutige Kapitalismus"). Schon gar nicht muss man den Wagenknecht"schen Verschwörungstheorien folgen ("Bush hat sich 1999 in den USA an die Macht geputscht") - und darf dennoch anerkennen, dass die Autorin eine kluge Beschreibung der Finanzkrise vorgelegt hat.

Wagenknecht beschreibt die Abläufe präzise, besticht durch Fachwissen, und häufig gelingen ihr allgemeinverständliche Erklärungen für komplizierte Vorgänge auf dem Finanzmarkt. Das Buch Wahnsinn mit Methode ist nicht in erster Linie ein politisches Manifest, sondern vor allem eine interessante ökonomische Analyse. Dass sich daraus andere politische Konsequenzen ergeben als bei der herrschenden ökonomischen Meinung, kann bei einer bekennenden Kommunistin nicht verwundern. Erschreckend ist eher, dass manche ihrer Forderungen vom wirtschaftspolitischen Alltag und den Äußerungen maßgeblicher Politiker selbst der Regierungsparteien gar nicht mehr so weit voneinander entfernt sind - obwohl doch nicht die Linke regiert, sondern eine große Koalition, die sich tagein, tagaus auf den liberalen Ordnungspolitiker Ludwig Erhard beruft.

Marc Beise

In der DDR wurden mehr Nazi-Kriegsverbrecher verurteilt als in der BRD

In de ehemalikgen DDR wurden mehr Nazi-Kriegsverbrecher verurteilt als in der BRD, obnwohl die Masse der Nazis sich in der BRD aufgehalten hatten.

Die DDR hatte sich als antifaschistischer und sozialistischer Staat nach der Zerschlagung von Hitlerdeutschland definiert, während die Bundesrepublik sich kapitalistisch und antilinks definierte und deshalb die meisten Nazis nach 1945 die Bundesrepublik bevorzugten.

Die zwischen 1933 und 1945 begangenen Untaten deutscher Faschisten wurden im Osten weit intensiver verfolgt, wie jetzt ein neues Buch von Dieter Skiba und Reiner Stenzel über Prozessegegen Nazi-Kriegsverbrecher dokumentiert.

In der ehemaligen  DDR seien  demnach zwischen 1945 und 1990 »etwa 17.000 Männer und Frauen als Tatverdächtige erfasst und davon 12.890 angeklagt und verurteilt« worden. Die Zahl der Verurteilungen war damit fast doppelt so hoch wie im Westen, wie aus Zahlen hervorgeht, die der Münchner Historiker Andreas Eichmüller 2008 veröffentlichte.

Danach wurden vom 8. Mai 1945 bis Ende 2005 in den westlichen Besatzungszonen, in der Bundesrepublik sowie in Westberlin 36.393 Ermittlungsverfahren gegen 172.294 Beschuldigte geführt. Von 16.740 Angeklagten seien 6.656 rechtskräftig verurteilt worden. Hinzu kommen die von alliierten Militärtribunalen verurteilten Personen. Skiba und Stenzel beziffern sie mit etwa 40.000 für die sowjetische Seite, wobei allein bis Ende 1946 17.715 wegen Naziverbrechen verurteilt worden waren. Im 1999 in München herausgegebenen »Handbuch der deutschen Geschichte« heißt es, dass von Gerichten der Siegermächte in Deutschland und in anderen Ländern »etwa 50.000 bis 60.000 Personen« wegen Naziverbrechen verurteilt worden seien, in den drei Westzonen waren es demnach 5.025 deutsche Angeklagte.

Ein ausführlicher JW Bericht befindet sich dazu im Anhang.

 

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Video: Telefonat im Wortlaut