Thies Gleiss: Die Linkspartei wird 10 Jahre alt

Die Partei Die Linke wird zehn Jahre alt

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UND FEHLERDIAGNOSE

von Thies Gleiss

Als 1989/90 die Deutsche Demokratische Republik an ihren inneren gesellschaftlichen Widersprüchen und der ökonomischen wie politischen Umzingelung durch den imperialistischen Westen zugrunde ging und in einem beispiellosen Abwickel- und Unterwerfungsakt in das kapitalistische Westdeutschland zwangseingegliedert wurde, da hinterließ die DDR der BRD – dem Musterschüler der Nato und Stammland des Antikommunismus – eine linke Massenpartei mit damals noch 100.000 Mitgliedern und einem großen Parteiapparat. Das hatte die politische Linke in Westdeutschland nie fertiggebracht: Den Aufbau einer sozialistischen Großpartei – trotz eines breiten linken, emanzipatorischen Aufbruchs Ende der 60er Jahre; trotz einer Antikriegs-Bewegung, die hunderttausende auf die Straße brachte; trotz einer Gewerkschaftsbewegung, die spätestens seit der Regierung unter Helmut Schmidt regelmäßig in eine Katerstimmung gegenüber ihrer traditionellen Haus- und Hofpartei SPD verfiel; trotz einer umfassenden Umwelt- und vor allem Anti-AKW-Bewegung, auf deren Hintergrund sich eine neue, links von der Sozialdemokratie angesiedelte Partei, Die Grünen, entwickeln konnte und natürlich auch trotz verschiedener kleiner Einigungsversuche verschiedener linker Gruppen, die alle erfolglos blieben.

Bereits 1986, drei Jahre nach ihrem erstmaligen Einzug in den Bundestag und mit Veröffentlichung ihres „Umbauprogramms“ hatten die GRÜNEN alle radikalen, antikapitalistischen Verkleidungen abgestreift und sich dem historischen Auftrag der Sozialdemokratie („Holt die untreuen Kinder wieder heim“ – so hieß damals der Auftrag des „Handelsblatt“-Chefredakteurs Mundorf an die SPD), die unbotmäßigen Radikalreformer auf den Boden der kapitalistischen Realpolitik zurückzubringen, mit nur wenig Widerstand unterworfen. Der größte Teil der 68er Linken, die sich dem Aufschwung der SPD Anfang der 70er Jahre verweigerten und später in die GRÜNEN gingen, wurde auf diese Weise politisch erledigt. Es dauerte dann noch ein Jahrzehnt, in dem die GRÜNEN ihre Mitgliedschaft fast komplett erneuerten und tausende durch Parlamentsposten und sonstige Mitgestaltung fest eingebundene Funktionsträger erhielten, bis SPD und GRÜNE 1998 die Wahlen zum Bundestag gewannen und die neue Bundesregierung stellten.

Die aus der SED übrig gebliebene „Partei des demokratischen Sozialismus“ hat in die Formierungsprozesse der politischen Linken in Deutschland , dem Prozess der Sozialdemokratisierung der GRÜNEN; der Suche der restlichen Linken – von der alten SED- Schwester DKP bis zur autonomen Linken – nach einer neuen politischen Orientierung und auch in die Debatten der linken Strömungen in der ehemaligen DDR, die nicht aus der SED- Geschichte kamen, nie ernsthaft eingegriffen.

Sie hatte ein Selbstverständnis, in dem Prozess des „Ankommens im Westen“ der gesamten DDR-Bevölkerung den linken Flügel zu spielen. Eine linke Kritik an dem, wo man ankommen wollte, stand weder auf der Agenda der PDS noch wurden die linken Kräfte des Westens, die diese Kritik äußerten, ernst oder überhaupt wahrgenommen. Aufforderungen und Angebote an die PDS, sie solle in einem breiten Erneuerungs- und Vereinigungsprozess eine gesamtdeutsche linke Massenpartei aufbauen, wurden mehr oder weniger rüde und bürokratisch bereits in 1990 restlos erledigt. Nur einzelne Personen und kleinste Gruppen aus der Westlinken und den GRÜNEN schlossen sich der PDS an.
Dieses Ausblenden der politischen Realitäten und die Verweigerung gegenüber der Westlinken war mit Sicherheit der erste große Fehler der PDS nach dem Ende der DDR. Sicherlich war auch die Westlinke nicht gerade trickreich und klug im Umgang mit der PDS, aber auch geschicktere und mehr integrative Annäherungen der West- an die Ostlinke hätten den Tunnelblick der PDS-Spitzenleute in Richtung „Ankommen im Westen“ nicht überwinden können.

 

1998: Die Sozialdemokratie in der Regierung und die PDS duckt sich weg

 

Die Regierungsübernahme durch SPD und GRÜNE hat die PDS ein weiteres Mal vor die Herausforderung gestellt, die Führungskraft einer breiten, antikapitalistischen und linken Opposition im Gesamtdeutschland zu übernehmen. Sie ist daran gescheitert. Die Mehrheit in der PDS blieb ihrem braven Wunsch treu, so zu sein wie die anderen, im politischen Gespräch und im Bundestag ernst genommen zu werden, die gleichen Sakkos und Kostüme in den Talkshows zu tragen – wenn sie dazu überhaupt mal eingeladen wurden. Die PDS war damit, obwohl sie wahrscheinlich genau das Gegenteil erreichen wollte, die perfekte Ergänzung zum notorischen Antikommunismus und zur Siegermentalität der anderen politischen Parteien in Deutschland. „Wir sind doch gar nicht so schlimm“ – das war das Credo des durch die Talkshows gereichten Gregor Gysi noch zu einer Zeit, wo die deutsche Linke endlich einmal schlimmer werden musste, um die Abwiegler und Zauderer bei SPD und GRÜNEN, die jetzt die Regierung stellten, herauszufordern. Von einer Kraft, die unfähig und unwillig war, die gesamte Linke zusammen zu führen, wurde die PDS in dieser Zeit sogar zu einer Kraft, die selbst verzögerte, zauderte und abwiegelte. Siegermentalität traf auf Besiegtenmentalität – auch in der PDS.

Sie ging hauptsächlich aus diesen Gründen auch bei den Parlamentswahlen baden und konnte 2002 keine Bundestagsfraktion mehr erreichen. In diesem Versagen als linke Kraft in Gesamtdeutschland und Opposition gegen SPD-GRÜNE ist der zweite große politische Fehler der PDS festzumachen. Gleichzeitig entstand in der PDS ein harter Kern von Parteiideologen, die mit beinahe religiösem Eifer die Zukunft der PDS in einer Linkskorrektur der SPD und einem späteren Zusammengehen auf Regierungsebene sahen – egal was passierte oder von der SPD gesagt und gemacht wurde.
In den Bundesländern, in denen die PDS an Regierungen mit der SPD beteiligt wurde, ließ sie sich willen- und widerstandslos in die Austeritätspolitik der Sozialdemokratie einbinden. „Sparen bis es quietscht“ hieß es in Berlin und die PDS quietschte mit.

Als 2002 die zweite Amtszeit der SPD und GRÜNEN-Regierung begann, vollzog sich in Kürze eine historischer Wandel der Sozialdemokratie und ihrer Gehilfen bei den GRÜNEN. Hatten sie sich in der ersten Amtszeit schon in den imperialistischen Krieg auf dem Balkan und dem späteren „Krieg gegen den Terror“ fast mit Begeisterung hineinziehen und all die aus der Geschichte der ArbeiterInnenbewegung bekannten Niederträchtigkeiten der Sozialdemokratie wieder aufleben lassen, so eröffneten sie spätestens 2003 und 2004 mit der zum Synonym für Sozialraub gewordenen „Agenda-2010“ und „Hartz.IV“-Politik den sozialen Krieg an der Heimatfront. Es war das größte Projekt aus Sozialraub und Umverteilung von Unten nach Oben in der Geschichte der BRD. Die SPD geriet zu recht in ihre tiefste Krise seit 1914. Mehr als die Hälfte der Mitglieder und die Hälfte der WählerInnen sollte sie in den nächsten zwei Jahren verlieren. Die in der Vergangenheit bei den Menschen wenigstens mit Verbesserung ihrer Lage in Verbindung gebrachten Begriffe „Reform“ oder „Erneuerung“ wurden zunehmend als Bedrohung empfunden und von der SPD in das Gegenteil von Fortschritt verwandelt. Eine ganze Generation musste erleben, wie die Grundregel jeder stabilen Gesellschaftsordnung, nämlich dass es der folgenden Generation, den Kindern und Enkeln, besser gehen wird, durchbrochen wurde. Heute geht es flächendeckend den Kindern schlechter als den Eltern.

Man sollte meinen, dass in einer solchen Situation einer Partei links von der SPD die neuen Mitglieder in Scharen zulaufen müssten. Aber bei der PDS passierte nichts. Sie rutschte ungebremst in ihrer Abstiegsbewegung weiter ins Abseits. Es war der PDS dritter große politische Fehler, selbst in dieser Situation nicht angemessen reagieren zu können.

Stattdessen entstand 2003-2004 eine neue Sammlungsbewegung von aus der SPD ausgetretenen oder sogar ausgeschlossenen Kräften. Es waren in erster Linie Gewerkschafter und untere sozialdemokratische Funktionäre, die politisch fast alle zur Generation derjenigen gehörten, die sich in den siebziger Jahren ausdrücklich der SPD, dem SHB oder den Jusos zugewandt hatten, weil ihnen die damals gleichermaßen aktiven und aus den Resten der 68er-Bewegung erwachsenden radikallinken Gruppen zu radikal waren. Sie hatten einige große Demonstrationen organisiert und eine nicht riesengroße, aber doch gesellschaftlich relevante Bewegung gegen die Hartz-IV-Politik und die SPD ausgelöst.

Es war von den Initiatorinnen ursprünglich geplant, in einem langsamen und kontrollierten Prozess über eine mögliche „Wahlalternative“ zu den Bundestagswahlen 2006 zu diskutieren. Eine ungewollte Veröffentlichung auf der ersten Seite der „Süddeutschen Zeitung“ brachte jedoch eine kleine Lawine ins Rollen, die zur Gründung von zahlreichen Initiativen ähnlicher Art in fast allen Orten Deutschlands führte. Ihnen schlossen sich auch die Reste der nicht von SPD und GRÜNEN erfassten Alt-68er-Linken, sowie zahlreichere jüngere Kräfte an. Das führte Ende 2004 zur Gründung der „Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ (WASG). Gegen den Wunsch der Führungsriege der neuen WASG entschied eine Mehrheit der Mitglieder, sich bereits 2005 an den Wahlen zum Landtag in Nordrhein-Westfalen zu beteiligen.

 

Die WASG als politischer Retter der PDS und Vorbote der LINKEN

 

Bereits zur Landtagswahl 2005 in NRW gab es die Initiative (unter anderen vom Autor dieses Textes), eine gemeinsame Kandidatur von WASG und PDS auf die Beine zu stellen. Das stieß auf massive Kritik bei WASG-Führungsleuten (Klaus Ernst: „Jeder muss seinen eigenen Rucksack tragen“) und fand leider weder bei der WASG noch bei der PDS in Nordrhein-Westfalen eine Mehrheit. Es wurde eine kleine Machtprobe gesucht, die von der WASG mit einem besseren Wahlergebnis als die PDS klar gewonnen wurde.

Nach der NRW-Wahl, dem Desaster für Peer Steinbrück und die SPD und der Flucht nach vorn zu vorgezogenen Neuwahlen durch die Schröder-Regierung, traten WASG und PDS zur Bundestagswahl 2005 gemeinsam an. Insbesondere die Initiative von Oskar Lafontaine führte zu einer Meinungs-, bei manchen auch nur Verhaltensänderung auf Seiten der WASG- Führung. Als Linkspartei-PDS, formal die alte PDS mit garantierten Listenplätzen für WASG-Mitglieder, erreichte die gemeinsame Wahlliste 4,12 Millionen Stimmen und 8,6 Prozent sowie 54 Parlamentssitze. Es war mit einem Schlag im wichtigsten imperialistischen Land Europas die größte parlamentarische Vertretung links von der Sozialdemokratie in der Tradition der Zweiten Internationale in Europa entstanden. Doch trotz der damals zusammen immer noch gut 70.000 Mitglieder hatte diese Kraft nur eine sehr schwache gesellschaftliche Verankerung.

Unmittelbar nach den Bundestagswahlen von 2005 begannen offizielle Fusions- Verhandlungen zwischen Linkspartei-PDS und der WASG. Der Autor dieses Textes war als Bundesvorstandsmitglied der WASG daran intensiv beteiligt, was ihm erlaubt, die heutige Generalsicht mit den damaligen inneren Zielsetzungen kombiniert zu betrachten.
Die WASG war eine politische Frischzellenkur für die alte PDS. Diese fand jetzt Zugang in die politischen Debatten und Bewegungen in den Westländern und ebenso praktische Ansätze sich im realen Leben zu verankern und mehr als nur Interessensvertretung enttäuschter Ex-DDR-BürgerInnen zu werden. Dabei war die WASG – weil überwiegend sozialdemokratischen Ursprungs – auf dem Papier oft weniger „links“ als die PDS, in der Praxis bedeutete der Zusammenschluss mit der WASG für die PDS aber dennoch eine Linksentwicklung.

Die PDS weigerte sich jedoch aus Angst vor ihrer eigenen Courage und noch mehr auf Grund des konservativen Gewichtes ihres überdimensionierten Parteiapparates, die politischen Möglichkeiten des Zusammenschlusses mit der WASG optimal auszunutzen. Dazu wäre es erforderlich gewesen, die gemeinsame neue Ost-West-Linkspartei wirklich neu zu gründen, um auch moralisch-psychologisch den Zauber der „neuen sozialen Idee“, von der Oskar Lafontaine zu recht sprach, auszunutzen. Es gab dazu politische Vorschläge und ausgearbeitete Konzepte, aber die PDS beharrte auf einen Eintritt der WASG in die alten PDS-Strukturen und die meisten WASG-EntscheiderInnen beugten sich 2007 leider diesem Wunsch. Das war gleich zu Beginn der vierte politische Fehler in der Entstehung der LINKEN.

So entstand eine Partei „des kurzen Dienstweges“, wie der Autor dieses Textes damals spottete. „Das war schon immer so“, „Dafür haben wir unsere Vorschriften und Verantwortlichen“ und ähnliche demobilisierende Formeln prägten in einer Weise den politischen Umgang in der angeblich neuen Partei. Eine Art „vorauseilende Bürokratisierung“ entstand, die viele Menschen erstaunte und etliche abschreckte. Aufbruchsstimmung traf auf Berliner Zentralismus und wurde allzu oft dadurch im Keim erstickt.

 

Falscher Name für wichtigste politische Neugründung

 

Das Gesamtkunstwerk, das dann am 16. Juni 2007 offiziell gegründet wurde, ist ein bis heute ambivalentes Konstrukt. Die Ambivalenz beginnt schon bei dem verunglückten Namen. Der Name PARTEI DIE LINKE oder Die Linke. ist politisch eine ungeheure Anmaßung. Er verprellt die sehr umfängliche und lebendige Linke außerhalb der LINKEN. Es ist eine blöde Selbsterhöhung, die im konkreten Umgang mit anderen Linken in Selbsterniedrigung umschlägt. Dazu kommt, dass der Name eine Apparatserfindung ist, der in der Praxis nur scheitern konnte. Der Name Die Linke. brachte wegen des so flott ausgedachten Punktes alle gängigen Textverarbeitungssysteme zur Verzweiflung. So muss die neue Partei Die Linke. bis heute damit leben, dass eigentlich niemand – von den Medien und den Mitglieder bis zu den meist ergebenen MitarbeiterInnen im Apparat und den politischen Führungszirkel – ihren Namen richtig benutzt. Es wird von „Linkspartei“, von PDL, von LINKE, von Linksfraktion und anderen Wortschöpfungen gesprochen. Noch im letzten Jahr wurde im Kreisverband des Autors dieses Textes ein zweiseitiges und entsprechend ernstgemeintes Anleitungspapier über „den richtigen Umgang“ mit dem Namen Die Linke. verteilt. Natürlich vergeblich.

Bleibt anzumerken, dass auch in dieser Frage der Autor dieses Textes 2007 einen Minderheitenvorschlag zum Namen einbrachte: Sozialistische Partei – ein seit ewigen Zeiten in Deutschland sowohl in der analogen als auch der digitalen Welt freier Name.

Dennoch ist die LINKE die wichtigste politische Neugründung in Deutschland seit Ende des zweiten Weltkrieges. Es ist die einzige wirklich gesamtdeutsche Partei, die den Opfern und Bedrängten der kapitalistischen Realpolitik – sowohl in der Eingliederung der früheren DDR als auch in der Vollstreckung der dann folgenden Austeritätspolitik – in Ost und West ein Sprachrohr wurde und immer noch weiter bleiben kann.

Der Autor dieser Zeilen war seit Anfang seines politischen Denkens immer ein unerbittlicher Kritiker der DDR und der in ihr im Namen des Sozialismus begangener Verbrechen. Die Gründung der LINKEN und die intensive Zusammenarbeit in der neuen Partei, der Aufbau der links-kritischen Strömung in der LINKEN namens Antikapitalistische Linke und die Arbeit in Leitungsgremien hat auch bei ihm die Erkenntnis gebracht, dass die DDR nicht nur ein bürokratisches Unglück, sondern auch ein Versuch vieler Menschen gewesen ist, einen Sozialismus aufzubauen.
Die LINKE ist ein Projekt, aus dem tiefen Loch herauszukommen, in das die Linke weltweit nach dem Untergang der sich sozialistisch nennenden Zentralverwaltungswirtschaften einerseits und dem beispiellosen Niedergang der Sozialdemokratie anderseits hineingefallen ist. Der Sozialismus hat ein Loser-Image und die LINKE müsste es durch eine neue Hoffnung ersetzen. Leider wird die reale LINKE dieser großen Aufgabe nur wenig gerecht.

Die LINKE ist aufgrund ihrer Entstehung zwangsläufig ein sehr buntschillerndes Projekt, in dem unterschiedlichste politische Ideen ihre Heimat haben, teilweise eingebracht wurden, teilweise in ihr entstanden sind und teilweise in ihr das Überleben sichern.
Leider trifft diese bunte Wirklichkeit in der „Partei des kurzen Dienstweges“ auf Widerstand im Apparat und den zentralistisch-konservativen Kräften. Die LINKE müsste deutlich mehr die Fähigkeit entwickeln, in Alternativen zu denken und Widersprüche auszuhalten. Das passt natürlich nicht zu zentralistischen und harmoniesüchtigen, von Werbeagenturen und dem Wunsch, mit den anderen Parteien optisch mithalten zu können, dominierten Parteivorstellungen.

Die Handlungsfähigkeit – die bei der LINKEN von heute mit 59.000 Mitglieder sowieso nicht gerade ausgeprägt ist – würde durch dieses Bekenntnis zur pluralen Welt der Linken mit Sicherheit nicht leiden, sondern höchstwahrscheinlich deutlich steigen.

 

Die große Krise des Kapitalismus

 

Gleich nach der Gründung der LINKEN begann im weltweiten System des Kapitalismus die tiefste ökonomische und politische Krise seit 1929. Das aufgeblähte System der Spekulations- und Börsengeschäfte kollabierte und das ideologische Gerüst des „Neoliberalismus“ stürzte in sich zusammen. Es wurde wieder vom Kapitalismus, seinen Krisen und seiner Endlichkeit gesprochen. Die Krisenbewältigung ab 2007 brachte einen militanten Schub des Klassenkampfes von Oben mit dem Ziel, alle Krisenlasten der ArbeiterInnenklasse aufzubürden.

Die nachhaltigste politische Folge dieser Jahrhundertkrise des Kapitalismus ist die bis heute ungelöste Krise des zentralen Projekts des europäischen Kapitals, die Europäische Union. Es war fast das einzige Projekt, mit dem die bürgerlichen Regierungen in Europa ein neues, lang anhaltendes Projekt der Hoffnung in den Kapitalismus schaffen wollten. Die schwere ökonomische Krise, die Verwandlung privater Verschuldung in Staatsschulden, die Vertiefung der Ungleichheit zwischen den EU-Mitgliedern und vor allem die Entlarvung der politischen Strukturen der EU als Diktatur des reichen Deutschlands über den Rest, haben dieses Hoffnungsprojekt zerschlagen. Die Mehrheit der Menschen in Europa sieht die EU heute als Bedrohung und die Architekten dieser Union des Kapitals haben fast die gesamte Legitimation verloren.

Man sollte meinen, in einer solchen Situation müsste eine neue linke Partei aufblühen und einen Triumph nach dem anderen einfahren. Die LINKE in Deutschland hat diese Möglichkeiten leider nicht annähernd so genutzt wie es nötig und möglich gewesen wäre. Der Fehler Nummer fünf in dem Jahrzehnt der LINKEN.

Bei den Bundestagswahlen 2009 erzielte die LINKE mit 5,1 Millionen Stimmen (ein Zuwachs von einer Million Stimmen gegenüber 2005) einen deutlich gesteigerten Wahlerfolg. Sie wurde als die grundsätzliche Alternative zum Kapitalismus und Garanten einer anderen Politik angesehen. Aber die LINKE verkaufte sich in ihrer Kampagne sehr und typisch sozialdemokratisch zurückhaltend. Die elende Rolle als Arzt am Krankenbett des Kapitalismus war auch für die LINKE in diesem Wahlkampf die Leitidee. Hätte sie die Krise für einen Schub an politischer Radikalisierung und Präzisierung ihres antikapitalistischen Programms genutzt, dann wären mit Sicherheit nicht weniger, sondern eher viel mehr Stimmen für die LINKE herausgekommen. Insbesondere ignorierte die LINKE die verbreitete Stimmung im Land, die mit dem politischen Establishment abrechnete und tiefe Zweifel an den Ewigen-Fortschritts-Lügen des Kapitalismus ausdrückte.

Nur wenig später kippte diese Stimmung – wie fast immer in solchen geschichtlichen Situationen, wenn es keine ausreichenden linken Kräfte gibt – nach rechts um, und der Aufschwung neuer rechter Parteien ging los.

In dieser Wahlkampagne setzte sich erstmals komplett ein konservativ- sozialdemokratisches Politikmodell durch. Der Wahlkampf verzichtete auf jede „Politik in der ersten Person“. Eine solche Subjektivität und Ansprache des Klientels im Sinne von „Jetzt wählen wir uns selber“ ist immer die Basis des Erfolges und Wahlerfolges von linken Parteien gewesen – bis in heutige Zeiten der erfolgreichen Kampagnen der SP in den Niederlanden der PTB in Belgien oder Sanders in den USA und Corbyn in Britannien. Hier zeigte sich zum ersten Mal die merkwürdige Korrelation, dass die LINKE ihre Wahlerfolge nicht wegen, sondern trotz ihrer konkreten Wahlkampagne erzielt.
Bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen 2010, dem wichtigsten deutschen Bundesland, bekam die LINKE 435.000 Stimmen und zog mit einer Fraktion in den Landtag ein.

Bei der Gründung der LINKEN nahm ungefähr ein Drittel der Mitgliedschaft aus der WASG nicht mehr teil. Ein kleiner Teil fürchtete, das neue Parteiprojekt ist zu links, der größte Teil allerdings sah in der neuen Partei keine Heimat mehr für ihre unmittelbare Interessenvertretung. Es waren insbesondere die direkt von Hartz-IV und Agenda 2010 betroffenen Menschen, oft politisch unerfahren und in keiner bisherigen Partei aktiv, die bei der Gründung der LINKEN verschwanden. Leider verschwanden sie auch immer mehr aus dem Blick der politischen Strategen in der LINKEN. Es setzte sich ein ziemlich abgelutschtes Verständnis von Stellvertreterpolitik durch. Und je professioneller und hochglänzender die Wahlkampagnen wurden, desto mehr verfestigte sich dieses, alles andere als linke, politische Selbstverständnis.

Die Erfolge der LINKEN bei den Wahlen gingen deshalb in den Folgejahren fast ungebrochen zurück. Die LINKE verkaufte sich immer mehr als eine Partei wie die anderen, die in einer großen Materialschlacht um „den aufgeklärten Wähler“ und „die aufgeklärte Wählerin“ (andere sagen auch die politische Mitte des gut gebildeten und verdienenden Stadtbürgers) mit den anderen Parteien um das Mandat der Stellvertreterpolitik konkurriert. Bei den Bundestagswahlen 2013 verlor die LINKE fast 1,5 Millionen und erhielt nur noch 3,7 Millionen Stimmen. Bei den vorgezogenen Landtagswahlen in NRW 2012 verlor die LINKE mehr als die Hälfte der Stimmen und ihre Präsenz im Landtag.
Bis heute hat sich dieser Wechsel in der WählerInnen-, aber auch in der Mitgliederbasis von den deklassierten und prekarisierten Schichten hin zu den jüngeren, gut gebildeten, städtischen Milieus stetig fortgesetzt. Viele linke WählerInnen bleiben zuhause oder – wie speziell in den letzten Wahlen 2016 und 2017 – docken sogar bei der „Alternative für Deutschland“, der größten Rechtsformation an.

Diese Entwicklung des „Ankommens im Kapitalismus“ und bereitwillige Annahme der Rolle der LINKEN als Reparaturkraft hat allerdings auch ihre Grenzen. Es ist keineswegs ein linearer Prozess. Zum „Glück“ für die Entwicklung der LINKEN haben die weltgeschichtlichen Ereignisse in den letzten zehn Jahren immer wieder auch zu einer gewissen Radikalisierung und Rückbesinnung auf frühere radikale Inhalte geführt. Die LINKE ist – darüber darf sich heftig gefreut werden – ein lebendiger politischer Organismus. Ihre Positionierungen gegenüber Arbeitskämpfen in Deutschland und anderswo, gegenüber Kriegen und Kriegseinsätzen der Bundeswehr, gegenüber dem neuen kalten Krieg in Richtung Russland, gegenüber der beschleunigten Klimazerstörung durch fossile Energieträger, gegenüber den Abbau demokratischer Rechte und gegenüber dem Zulauf für rassistische und nationalistische Kräfte waren für die LINKE immer Bewährungsproben, die sie bis heute allesamt gut bestanden hat. Manchmal mit Debatten in die falsche Richtung in ihren Reihen, manchmal verkleidet in fade Kompromissformulierungen, aber immer in die richtige Richtung. Eine schweres Versagen gegenüber den gesellschaftspolitischen Herausforderungen für eine antikapitalistische Bewegung – das ist unser Maßstab – kann der LINKEN nicht vorgeworfen werden. Trotz Regierungsbeteiligung und der jüngsten Zustimmung zu möglichen Autobahnprivatisierungen.
Kaum eine soziale, oppositionelle Bewegung kann heute sagen, sie profitiere nicht von der Anwesenheit und Unterstützung – personell und materiell – durch die LINKE. Diese Unterstützung erfolgt in der Regel sehr selbstlos. Dass die LINKE soziale Bewegungen majorisieren oder instrumentalisieren will, kann nicht ernsthaft behauptet werden. Im Gegenteil: Eine Partei mit 59.000 Mitgliedern könnte vielmehr Kräfte in solche sozialen Bewegungen investieren – beide Seiten würden davon profitieren.

 

Die Dialektik der partiellen Errungenschaften

 

WählerInnenbasis und Mitgliedschaft der LINKEN haben sich bis heute verändert. Die LINKE hat heute noch 59.000 Mitglieder. Ein wachsender Teil ist erst wenige Jahre in der Partei. Der Anteil der Jüngeren steigt – eigentlich eine Entwicklung, die erfreulich ist. Gleichzeitig wächst aber kontinuierlich die Schicht an Parteimitgliedern, die vollzeit oder teilzeit BerufspolitikerInnen in der LINKEN sind: Als Beschäftigte der Partei, der Fraktionen, der Parteistiftung, als Abgeordnete in den diversen Parlamenten oder deren MitarbeiterInnen. Das ist eine konservative Schicht, die ihre eigenen Pfründe verteidigt, und Angst vor struktureller Veränderung hat. Sie führt ihre kleinen Kämpfe, Konkurrenztänze und Eifersüchteleien aus, über die die Restpartei bestenfalls lachen kann, die aber oft auch ärgerlich und bremsend sind. Die LINKE als direktes Feld der Beschäftigungssicherung als eigener mittelständischer Betrieb für junge AkademikerInnen, ist natürlich gut, aber andererseits auch immer Quelle für konservative Tendenzen und Verzicht auf Radikalität, ohne die eine Überwindung des Kapitalismus jedoch nicht zu haben ist.

Eine besondere Basis hat diese konservative Schicht in der Partei in den kommunalen Parlamentsstrukturen. Dort wimmelt es von Personen, denen ein Allgemeininteresse am Fortkommen einer linken Partei ziemlich abhanden gekommen ist. Schon bei anderen linken Parteien vor der LINKEN – zuletzt die GRÜNEN in Deutschland 1980-87 oder heute auch die Sozialistische Partei in den Niederlanden – ist speziell diese kommunale parlamentarische Truppe die verantwortliche Kraft gewesen, die einen späteren allgemeinen Rechtsruck der Gesamtpartei ausgelöst und abgesichert hat.

Der ideologische Kitt dieser konservativen Kräfte in der Partei ist in der deutschen LINKEN die Legende von Rot-Rot-Grün. Jedes Kind weiß, dass die LINKE ein Ergebnis des Niedergangs der SPD ist. Die LINKE gewinnt weil die SPD verliert. Die Vorstellung, es könnte durch friedliches Miteinandersein sowohl die LINKE als auch die SPD erfolgreich sein und ein gemeinsames linkes Lager auffüllen, ist einfach nur lächerlich. Die GRÜNEN dürften nach ihren Koalitionen und Kapriolen der letzten Jahre schon gar nicht in dieses Modell eines linken Lagers aufgenommen werden.

Wenn sich die SPD (vielleicht ja sogar auch die GRÜNEN) wieder nach links bewegen sollen, dann ganz sicher nicht durch parlamentarische Avancen der LINKEN, sondern – wenn überhaupt noch einmal – nur durch gewaltige gesellschaftliche Eruptionen in der Größenordnung eines Generalstreiks oder tagelanger Massendemonstrationen.

 

Alles ändern, damit es so bleibt wie es ist

Die LINKE muss eher schnell als langsam ihre gesamte politische Performance verbessern und radikalisieren, damit sie eine linke Partei bleibt.
Ihre Mitglieder und AnhängerInnen müssen zu einer wirklichen gesellschaftlichen Gegenmacht organisiert werden:

  • Kommunale Arbeit in den Stadtteilen, statt nur kommunalparlamentarische Stellvertreterpolitik
  • Kleinräumige Organisierung und Einbindung aller Mitglieder in die täglichen Aktivitäten
  • Aufbau von dauerhaften Parteistrukturen – mit der nötigen politischen Offenheit für Neu-MitstreiterInnen in Betrieben, Schulen und Universitäten
  • Aufbau von kollektiven LINKE-Strukturen in den Gewerkschaften und anderen Organisationen der sozialen Bewegungen – nicht, um sie zu instrumentalisieren, sondern um die Inhalte und Vorschläge der LINKEN dort einzubringen
  • Befristung aller politischen Ämter in der Partei und Ächtung von Ämterhäufung
  • Schärfere Trennung von Parteiämtern und parlamentarischen oder sonstigen Mandaten
  • Stärkung der professionellen Parteiarbeit unabhängig von staatlichen, parlamentarischen oder sonstigen dritten Geldquellen
  • Befristung der parlamentarischen Mandate auf maximal zwei, auf kommunaler Ebene auf eine Legislaturperiode
  • Wahlkampagnen durch unmittelbare Mobilisierung und Aktivierung unserer Mitglieder und Anhänger gemäß des Mottos Jetzt wählen wir uns selber
  • Dezentraler Parteiaufbau und hohe Eigenständigkeit der Kreis- und Landesverbände
  • Mut zur Pluralität und Widersprüchlichkeit. Denken in Alternativen und Mut zu Mehr- und Minderheitsentscheidungen
  • Garantierte Rechte der Minderheiten und Präsenz in Leitungsgremien
  • Kampf für eine eigenständige Politik auf Basis unseres Gesamtprogramms und keine Unterordnung unter Regierungs- oder Koalitionszwänge
  • Oppositionelle Grundhaltung und Verachtung für das Establishment. Protest und Opposition als unerlässliche Grundkräfte, diese Gesellschaft zu verändern.
  • Eine klare Oppositionshaltung gegen das Europa des Kapitals und eine Fortsetzung der EU.

 

Und wenn dem Autor dieses Textes ein besonderer Gefallen getan werden soll: Umbenennung der Partei Die Linke in „Sozialistische Partei“.

 

Köln, 14. Juni 2017 Thies Gleiss

Die "Stasi" darf neben Telefon und SMS jetzt auch WhatsApp ausspionieren

Der totale Überwachungsstaat nimmt  deutliche Konturen an - Spionagesoftware soll dazu bei Bürgern geheim installiert werden 

Die Behörden der staatlichen Sicherheitsdienste dürfen nach einer Verfügung der Innenminister der Länder und von  Bundesinnenminister de Maiziere (CDU) jetzt auch WhatsApp ausspionieren. 

Innenminister einigen sich auf Überwachung von WhatsApp

Die Überwachung von Telefon und SMS reicht den Behörden nicht. Die Innenminister von Bund und Ländern wollen auch Dienste wie WhatsApp kontrollieren.
 

Die Innenminister von Bund und Ländern haben sich auf eine Überwachung von Messengerdiensten wie WhatsApp geeinigt. "Es kann nicht sein, dass es für die Verfolgung von Straftaten faktisch rechtsfreie Räume gibt", sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zum Abschluss der Innenministerkonferenz in Dresden.

Die Sicherheitsbehörden müssten rechtlich und technisch in die Lage versetzt werden, etwa zur Terrorabwehr auch Nachrichten auf Messengerdiensten abgreifen zu können, wie es bereits bei Telefon und SMS möglich ist.

Dazu könnten nach seinen Worten Instrumente wie die Onlinedurchsuchung und Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) genutzt werden.
 
Bei der Quellen-TKÜ können die Behörden mit einer Software die laufende Kommunikation eines Verdächtigen auf einem Gerät mitlesen, bevor sie verschlüsselt wird. Beide Instrumente sollen nach Angaben des Ministers in den kommenden Sitzungswochen in der Strafprozessordnung geregelt werden.
 
Nach Angaben von de Maizières Parteikollegen, dem baden-württembergischen Ressortchef Thomas Strobl (CDU), sei dieser Punkt bei den Innenministern unstrittig gewesen. In puncto Schleierfahndung indes konnten sich die Minister nicht einigen: Sie wird nicht bundesweit eingeführt, wie es beispielsweise Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) gefordert hatte und auch vom Bundesinnenminister befürwortet wird.

"Eklatante Sicherheitslücke"

Für Herrmann ist es eine "eklatante Sicherheitslücke, die unbedingt geschlossen werden muss". Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) findet eine neue Regelung dagegen überflüssig, da die Polizei bereits über entsprechende Befugnisse für solche Kontrollen verfüge. In drei weiteren Bundesländern – Nordrhein-Westfalen, Berlin und Bremen – gibt es hier bislang auch keinerlei gesetzliche Grundlage.

Die Bundesländer wiederum müssen nach der Konferenz womöglich mit weniger Kompetenzen leben. Mit einem neuen Musterpolizeigesetz soll es künftig deutschlandweit einheitlichere Sicherheitsstandards geben. "Wir brauchen keinen Flickenteppich bei der inneren Sicherheit", sagte de Maizière. Künftig benötige ein Bundesland schon gute Gründe, wenn es von den gemeinsamen Regelungen abweichen wolle. Es soll also künftig auch mehr zentralistische "Staatssicherheit" im Lande geben. 

Der Bundesinnenminister kündigte zudem einen neuen Umgang mit islamistischen Gefährdern an. "Wir haben den Beschluss gefasst, dass wir die Gefährder- und Gefährdungsbewertung auf neue Füße stellen." Es gebe beim Bundeskriminalamt ein neues Analysemodell, um diese künftig besser einzustufen. Im gemeinsamen Terrorabwehrzentrum sollten dann Maßnahmen "besprochen und in den Ländern gemeinsam und verbindlich umgesetzt werden".

Zu den weiteren verabschiedeten Punkten zählt die Regel, wonach auch jungen Asylbewerbern zur Identitätsüberprüfung Fingerabdrücke abgenommen werden dürfen. Auch die sechs- bis 14-jährigen Asylbewerber müssten sich künftig erfassen lassen, sagte der sächsische Innenminister Markus Ulbig (CDU). Auf eine bundesweite Einführung der Schleierfahndung konnte sich die Innenministerkonferenz laut Ulbig dagegen nicht verständigen.

Die Linke warf den Innenministern dennoch "unnütze Gesetzesverschärfungen" vorg. "Mit einem Musterpolizeigesetz wird nicht ein Polizist mehr eingestellt", sagte Parteichef Bernd Riexinger. Außerdem kritisierte er, das Sammeln von immer Daten schaffe keine Sicherheit. Wer Fingerabdrücke von Kindern nehmen wolle, sei von allen guten Geistern verlassen.

Wer WhatsApp-Nachrichten und andere Messengerkommunikation der Bevölkerung überwachen will, sollte wenigstens erklären können, warum diese Grundrechtseinschränkung seiner Auffassung nach notwendig ist, erklärte die Linke dazu.  Dass das in der ganzen versammelten Runde aus Bundes- und Länderinnenministern niemand gemacht hat, spricht weder für Professionalität noch für Respekt vor der Bevölkerung und ihren Grundrechten. Der Staat hat in unserer Kommunikation, auf unseren Handys und Computern nichts verloren“, erklärt Jan Korte, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE, zu den aktuellen Plänen der Innenminister. Korte weiter:

„Bundesinnenminister Thomas de Maizière möchte diese substanzielle Änderung der Strafprozessordnung in den verbleibenden zwei Sitzungswochen des Bundestags durchpeitschen. Täte er das tatsächlich, würde das ein schlampig verfasstes Gesetz mit Ankündigung. Eine wirkliche verfassungsrechtliche Prüfung und eine öffentliche Diskussion sind in so einer Zeit praktisch unmöglich, wer etwas anderes behauptet, verkauft die Bevölkerung für dumm. Wenn sich Bundesjustizminister Heiko Maas für diese Maßnahme hergibt, verliert er den letzten kleinen Rest Glaubwürdigkeit, der ihm nach seinem Umfallen bei der Vorratsdatenspeicherung geblieben ist.“

US Weltkonzern Chiquita finanziert rechtsradikale Terror-Milizen 

In Kolumbien finanziert der Bananen-Weltkonzern "Chiquita" ultrarechte Paramilitärs in  Kolumbien, um die Pflückung und den Vertrieb der Bananen in alle Welt zu gewährleisten. 

 In den USA könnten weitere Details über die Zusammenarbeit zwischen dem US-Agrargroßhändler Chiquita Brands International und Paramilitärs in Kolumbien bekannt werden, nachdem ein Gericht in Washington den Weg für die Veröffentlichung von über 9.000 Firmendokumenten geebnet  bereits 2015 hat.

Das Bundesberufungsgericht in der US-Hauptstadt wiesdamals eine Beschwerde des Konzerns gegen die Publikation der Unterlagen nach dem US-Informationsfreiheitsgesetz ab.

Chiquita hatte argumentiert, dass mit der Freigabe der Akten ein in den USA laufender Prozess von Opfern der kolumbianischen Paramilitärs negativ beeinflusst werden könnte. Dieser Argumentation folgte das Gericht damals  nicht.

Lateinamerika-Experten der Forschungsgruppe National Security Archive an der George-Washington-Universität, die die Akten beantragt hatten, begrüßten  seinerzeit das Urteil.

Die Forscher des National Security Archives hatten die Dokumente bei der US-Börsenaufsicht SEC beantragt.

Chiquita hatte die Akten an die SEC im Rahmen eines inzwischen beendeten Prozesses wegen der Zusammenarbeit vor allem mit rechtsgerichteten Paramilitärs in Kolumbien gesandt.

Nach vier Jahren wurde der Prozess 2007 mit einem Vergleich und einer Strafzahlung von 25 Millionen US-Dollar gegen ein Schuldeingeständnis des Konzerns beendet.

Zugleich wurde festgestellt, dass 1989 bis 1997 Gelder an die linksgerichteten Guerillabewegungen Farc und ELN geflossen waren, offenbar jedoch in einem weit geringeren Ausmaß.

Vor vier Jahren hatte die Forschungsgruppe über das US-Freiheitsgesetz schon einmal rund 5.500 Dokumente zum Chiquita-Prozess aus dem Beständen des Justizministeriums in Washington erhalten. Bei der Auswertung dieses ersten Konvoluts kam ans Tageslicht, dass Chiquita über Jahren hinweg den Schutz der Paramilitärs genossen hatte.

Dies widersprach den Aussagen der US-Staatsanwaltschaft, die sich mit einem Vergleich einverstanden erklärt hatte, weil das Unternehmen angeblich keine Gegenleistungen von den Paramilitärs erhalten hatte.

Die neuen Akten, die nun erst ausgewertet werden müssen, dürften weitere brisante Details über die Zusammenarbeit zwischen transnationalen Konzernen und Paramilitärs liefern. In Kolumbien stehen vor allem Palmölproduzenten und andere agrarwirtschaftliche Großproduzenten im Verdacht, mit Paramilitärs zusammenzuarbeiten, um Arbeiter zu unterdrücken und die lokale Bevölkerung zu vertreiben.

Die AUC wurde theoretisch zwar 2006 aufgelöst. Menschenrechtsorganisationen verweisen jedoch darauf, dass sich die Miliz unter mehreren Namen neu formiert habe und weiterhin Gewaltverbrechen begehe. Nutznießer davon könnten auch deutsche Unternehmen etwa im Energiebereich sein.

Vertreter des National Security Archives zeigten sich verständlicherweise erfreut über das Washingtoner Urteil und das zu erwartende Aktenkonvolut. "Vor acht Jahren war Chiquita das erste US-Unternehmen, das wegen Transaktionen mit einer internationalen Terrororganisation verurteilt wurde", sagte Michael Evans von der Forschungsgruppe: "Nun werden die Opfer der AUC und die Öffentlichkeit Zugang zu dem möglicherweise wichtigsten Aktenbestand über Verbindungen zwischen Unternehmen und Terroristen erhalten."

Chiquita Brands International wurde 1899 unter dem Namen United Fruit Company gegründet und firmierte unter diesem Namen bis 1990. Die United Fruit Company war in Lateinamerika berüchtigt für die Unterdrückung von Feldarbeitern. Unter anderem wird ihr die Verantwortung für ein Massaker an streikenden Bananenpflückern 1928 an der kolumbianischen Karibikküste vorgeworfen, bei dem zahlreiche Arbeiter erschossen wurden. Das "Bananenmassaker" fand auch Eingang in die lateinamerikanische Literatur und wurde unter anderem von Miguel Ángel Asturias, Gabriel García Márquez und Pablo Neruda aufgegriffen. Unter Historikern gilt zudem die Verstrickung der United Fruit Company in den Putsch gegen den demokratisch gewählten Präsidenten in Guatemala, Jacobo Árbenz, im Jahr 1954 als bewiesen.Jüngst veröffentlichte interne Dokumente haben einmal mehr die Verstrickung des US-amerikanischen Konzerns Chiquita, des auf Anbau und Vertrieb von Bananen spezialisierten Nachfolgers der United Fruit Company, mit paramilitärischen Gruppen in Kolumbien bestätigt.

An die Öffentlichkeit gebracht wurde das Material von der US-amerikanischen regierungsunabhängigen Plattform National Security Archive. Der Konzern hatte zuvor versucht, die Publikation juristisch zu unterbinden, war jedoch vor Gericht gescheitert.

Die pikanten Inhalte der Dokumente könnten nun im Zuge des kolumbianischen Friedensprozesses zu einer weiteren strafrechtlichen Verfolgung der Verantwortlichen führen. Denn nachdem die US-amerikanischen Behörden den Sachverhalt jahrelang verschleiert hatten, sind nun erstmals die Namen der Drahtzieher bekanntgeworden.

Bereits 2007 war der Konzern vom Justizministerium der Vereinigten Staaten zu einer Strafzahlung von 25 Millionen US-Dollar verurteilt worden, da ihm nachgewiesen werden konnte, dass er über Jahrzehnte ultrarechte paramilitärische Gruppen in den kolumbianischen Departamentos (Bundesstaaten) Urabá und Magdalena finanziert hatte.

Mehr als 1,7 Millionen US-Dollar sollen über die Chiquita-Tochtergesellschaft Banadex zwischen 1997 und 2004 in 100 Zahlungssätzen an die Paramilitärs geflossen sein.

Das Gericht belangte jedoch nicht die mutmaßlichen 14 Verantwortlichen in Leitungspositionen des Konzerns, die die Finanzoperationen tätigten oder aktiv gedeckt hatten. Auch wurden den Opfern der infolge der Unterstützung erfolgten Massaker keine Repara­tionszahlungen zugestanden.

Durch die Zuwendungen an die Paramilitärs hat sich Chiquita mitschuldig an der Ermordung von bis zu 4.000 Menschen gemacht. 60.000 Menschen wurden im Zeitraum, in dem die Geldzahlungen erfolgten, zudem vertrieben. Auch linke Guerillagruppen sollen vom Konzern Zahlungen erhalten haben, um die Wirtschaftsoperationen des Konzerns am Laufen zu halten.

Neueren Veröffentlichungen zufolge war der Konzern darüber hinaus umfassend über die Greueltaten und Vertreibungen in seinen Operationsgebieten informiert und schlug aus ihnen Kapital. Laut Aussagen ehemaliger Paramilitärs waren Chiquita-Unterhändler Teil der Vereinigung »La quintruple allianza«, eines Zusammenschlusses von Paramilitärs sowie lokalen politischen und ökonomischen Eliten, die systematisch Kleinbauern von ihrem Grund und Boden vertrieben und diesen besetzten.

Sie eigneten sich die Ländereien an und profitierten dann von den Wirtschaftsoperationen im jeweiligen Gebiet. Während die Paramilitärs mit der militärischen Durchführung und Sicherung beauftragt waren, übernahmen Großgrundbesitzer und die mit ihnen im Geschäft stehenden Konzerne wie z. B. Chiquita die ökonomische Ausbeutung.

In dieses schmutzige Geschäft war auch der ehemalige Präsident und heutige ultrarechte Hardliner Alvaro Uribe Vélez involviert, der die paramilitärischen sogenannten Convivir-Gruppen politisch unterstützte.

Neuere Veröffentlichungen belegen, dass der US-amerikanische Staat schon im Jahr 2000 über die illegale Finanzierung von Akteuren des bewaffneten Konflikts informiert war. So geht aus den nun veröffentlichten Dokumenten hervor, dass Chiquita-Chef Robert F. Kistinger bereits zur damaligen Zeit vor der US-amerikanischen Finanzbehörde Securities and Exchange Commission (SEC) zu den illegalen Transaktionen aussagen musste. Bis 2004 sind diese Verbindungen dokumentiert. 

In dem weltberühmten Roman "Hundert Jahre Einsamkeit" gibt es eine Episode, in der dem Autor die unerhörte Heiterkeit seiner Erzählweise urplötzlich abhanden kommt.

Was er schildert, ist mindestens so unglaublich wie der Aufstieg der Romanfigur Remedios die Schöne gen Himmel, und doch spürt der Leser: Hier hat der als notorischer Übertreiber bekannte Gabriel García Marquez nichts hinzufabuliert. Es ist die Beschreibung jenes Massakers, bei dem am 6. Dezember 1928 Kolumbiens Armee in dem Ort Ciénaga Magdalena 3 000 streikende Bananenarbeiter niedermetzelte. Um welches Unternehmen es damals ging, sagt der Autor nicht, denn wer es wissen will, weiß es ohnehin.

Es war die United Fruit Company aus den USA, einschlägig bekannt auch als Organisatorin von erfolgreichen Staatsstreichen 1910 in Honduras und 1954 in Guatemala. Sie gibt es bis heute, freilich unter einem anderen Namen: Chiquita.Weil sich aber, wenn neue Vorwürfe stimmen, außer dem Namen wenig geändert zu haben scheint, ist der Konzern jetzt zu einem Fall für die Gerichte geworden.

In New York haben knapp 400 kolumbianische Familien Chiquita auf die Zahlung von 7,8 Milliarden Dollar verklagt - Schadenersatz für "Terrorismus, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Folter und unrechtmäßige Tötungen", wie die Anwälte erklären. Der Vorwurf: Der Konzern habe jahrelang die "Vereinigten Selbstverteidigungsgruppen Kolumbiens" (AUC) finanziell unterstützt.

Diese rechtsextremen Todesschwadronen hätten Angehörige der Kläger, die als Gewerkschaftsanhänger bekannt waren, gefoltert und ermordet.Dass Chiquita die geforderte Summe zahlen könnte, ist ausgeschlossen, da sie fast das Doppelte des Jahresumsatzes ausmacht. Doch abweisen wird das Gericht die Klage wohl kaum. Denn im März dieses Jahres hat der Konzern zugeben müssen, den Paramilitärs bis 2004 Schutzgelder von 1,7 Millionen Dollar gezahlt zu haben - und das, obwohl die AUC seit 2001 auf der Terrorliste des US-Außenministeriums standen.

Menschenrechtsgruppen haben Beweise dafür vorgelegt, dass Chiquita die Todesschwadronen mit 3 000 Kalaschnikow-MPi und fünf Millionen Schuss Munition beliefert hat. Angesichts dieser belastenden Fakten kann es jetzt in New York nur noch um die Höhe der Wiedergutmachung für die Betroffenen gehen.Zu einer Bestrafung der Täter wird es hingegen nicht kommen. Soweit sie zu den offiziell mittlerweile aufgelösten AUC-Milizen gehörten, gilt für sie eine umfassende Amnestie der kolumbianischen Regierung. Und was Chiquita betrifft: Bis sich ein Gericht in den USA finden sollte, das die Konzernführung schuldig spricht, die Morde zumindest billigend in Kauf genommen zu haben, kann noch sehr viel Zeit ins Land gehen.

HRW: Trump setzt Phosphor-Chemiewaffen gegen syrische Zivilbevölkerung ein

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat in ihrem neuen Bericht die US-geführte Koalition angeklagt, in Syrien Phosphorbomben einzusetzen, die das Leben und die Gesundheit der eingesessenen Bevölkerung gefährden würden.

Dies berichtet das Portal rbc.ru.

„Unabhängig davon, wie Weißphosphor verwendet wird, birgt dessen Einsatz ein hohes Risiko, dass dichtbesiedelte Städte wie Rakka und Mossul sowie jedes andere Gebiet mit einer hohen Konzentration von Zivilisten schrecklichen und lang andauernden Schaden erleiden“, so Steve Goose, Sprecher der Menschenrechtsorganisation.

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Goose hat die Koalition aufgerufen, „vorsichtshalber alle nur möglichen Maßnahmen zu treffen, um den Schaden durch den Einsatz von Weißphosphor für die Zivilisten im Irak und Syrien auf ein Minimum zu reduzieren“.

Weißphosphor dürfe nur im Schlachtfeld verwendet werden, um Nebelschleier zu schaffen oder Signale abzugeben, werde aber auch als Brandwaffen illegal gegen Zivilisten in Ballungszentren eingesetzt.

Die US-Koalition unterstützt die kurdischen Milizen wie die YPG/PKK, die an den Kämpfen um Rakka teilnehmen, aus der Luft. Ihren bisher letzten Schlag gegen die regierungstreuen Kräfte hat die Koalition am 8. Juni geführt.

Auch Zivilisten sollen US Kampfjets immer wieder gezielt in Raqqa angreifen. 

Das Einkommenssteuerkonzept der Linkspartei 

Dieses Steuerkonzept würde den Normalverdienern viele Vorteile bringen und es ist insgesamt positiv zu bewerten.

Es ist aber nicht richtig, bei 60 000 €uro brutto als Jahreseinkommen von "Mittelschicht" zu sprechen. Bei den Abzügen und den Lebenshaltungskosten heutzutage ist das eher ein Gehalt eines Normalverdieners - auch wenn viele Billiglöhner noch weit weniger Geld  verdienen.

Wir haben an der Spitze Milliardäre wie Kladden, Friede Springer, Albrecht,  Piech und Quandt. Das ist die Oberschichte oder die herrschende Klasse.

Dann haben wir fast eine Million Millionäre. Das ist  die Mittelschicht, wozu mittelständische Großunternehmen wie die Haupt-Eigentümer der Schering AG beispielsweise gehören.

Ein Normalverdiener mit 60 000 €uro brutto Jahresgehalt kann zudem ein Haus besitzen, dass abbezahlt ist oder eben der Bank gehört und nicht bezahlt ist. Das macht einen großen Unterrschied. Das ist nicht das Gleiche. Und er gehört nicht automatisch einer imaginären "Mittelschicht" an. 

Deshalb darf man die Kategorien Einkommen und Vermögen nicht so vermischen, wie es der Begriff " Mittelschicht" macht. 

Ansonsten ist das Konzept allenfalls ein Anfang.

Es wird aber  letztendlich ohne die Vergesellschaftung der Vermögen der Global Player Weltkonzern inkusive der Deutschen Bank nicht gehen, wenn man wirkliche Veränderung bei den Vermögen der Menschen anstrebt.

Etwas Korrektur der Progression der Einkommenststeuer, Millionärststeuer  ab einer Mio. Euro Einkommen und 5 % Vermögenssteuer reichen da nicht aus.