Verrat: Linkspartei wählt im brandenburgischen Landkreis CDU ler zum Landrat
Obwohl die CDU in der ehemaligen DDR in Ostdeutschland eine SED Vergangenheit hat, war eine abgesprochene und schriftlich vereinbarte Zusammenarbeit der Linkspartei mit der CDU in einem Landkreis in Brandenburg bisher nicht denkbar.
Bodo Ramelow hatte vorher als linker Ministerpräsident von Thüringen eine Koalition der Linkspartei mit der CDU auf Landesebene für die Zukunft nicht ausgeschlossen, weil er keien Mehrheit mehr hat . Macht scheint doch über Prinzipienfestigkeit bei einigen "Linken" zu siegen. Zudem geht es um Posten und Pfründe.
Nun wird es im Landkreis Ostprignitz-Ruppin einfach ausprobiert. Die Kreisvorsitzenden Jan Redmann (CDU) sowie Rita Büchner und Paul Schmudlach (LINKE) unterschrieben am Montagnachmittag im Hinterzimmer eines Neuruppiner Steakhauses eine Kooperationsvereinbarung.
Konkret geht es darum, Egmont Hamelow (CDU) am 6. September zum neuen Landrat zu wählen - und später einen Vertreter der Linkspartei zum Vizelandrat (da gibt es noch keinen Namen). Weil CDU und LINKE zusammen keine Mehrheit im Kreistag haben, gibt es bei dieser auf acht Jahre angelegten Kooperation noch einen dritten Partner - eine Fraktion, die aus Bauern, Wählergemeinschaften und FDP zusammengesetzt ist. Für die unterschrieb der Vorsitzende Ralph Bormann.
Hintergrund:
Fakten
- Im Kreistag Ostprignitz-Ruppin hat die SPD elf Sitze, CDU zehn, LINKE acht, Grüne vier Sitze und Freie Wähler zwei. Zusätzlich gibt es eine gemeinsame Fraktion der Bauern, freier Wählergemeinschafter und der FDP mit zehn Sitzen.
- Bei der Landratswahl am 22. April hatte Ralf Reinhardt (SPD) 40,7 Prozent der Stimmen erhalten, Sven Deter (CDU) 27,6, Christian Scherkenbach (für LINKE) 15,7, Hans-Georg Rieger (Freie Wähler) 5,3 und Petra Hentschel (AfD) 10,7 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 32,4 Prozent.
- Die Landratsstichwahl am 6. Mai gewann Ralf Reinhardt (SPD) mit 59 Prozent. Sein Konkurrent Sven Deter (CDU) kam da auf 41 Prozent. Bei einer geringen Wahlbeteiligung von 24,6 Prozent verfehlte Reinhardt allerdings das vorgeschriebene Quorum. In Brandenburg muss der Sieger einer Landratswahl mindestens 15 Prozent der Stimmen aller Wahlberechtigten erhalten. Ansonsten – und das war hier der Fall – gilt die Direktwahl durch die Bürger nicht. Der neue Landrat wird dann durch den Kreistag bestimmt. af
Eine derartige Zusammenarbeit zwischen CDU und LINKE hat es im Land Brandenburg bisher noch nicht gegeben. Zwar hat die LINKE früher mal einen CDU-Politiker in der Prignitz zum Landrat gewählt. Damals gab es sogar auch schon Vereinbarungen. Doch die sind nie veröffentlicht worden. Das es sie überhaupt gegeben hat, ist erst später hinter vorgehaltener Hand verraten worden.
Nun also in Ostprignitz-Ruppin ein Bündnis mit Brief und Siegel, eine Vereinbarung, die jeder im Internet nachlesen kann. Wie ist es dazu gekommen? Das habe mit den Verhältnissen vor Ort zu tun, versichert LINKE-Kreischef Schmudlach. Es sei nicht als Testlauf für eine Koalition in Brandenburg nach der Landtagswahl 2019 gedacht.
Interview mit Antje Vollmer ( Die Grünen) über die Sammlungsbewegung #Aufstehen
Interview von Rubikon - Link im Anhang
Vorwort: Seit Januar 2018 existieren bereits linke Sammlungsbewegungen wie die Neue Linke Bewegung ( NLB) auf Facebook. Im März kam die SPD Sammlung der PSP Progressiven von Bülow hinzu. Am 4.9. soll der Dachverband #Aufstehen offiziell starten, nachdem schon ein inoffizielles Programm von #Aufstehen aufgetaucht ist, dass zuerst die Internetz-Zeitung veröffentlicht hatte.
Interview mit der ehemaligen Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages und Mitinitiatorin von #aufstehen Dr. Antje Vollmer.
Sie sind zusammen mit Marco Bülow und Sahra Wagenknecht in den Medien aufgetaucht als Initiatoren der Sammlungsbewegung #aufstehen. Man könnte vielleicht sagen, dass Sahra Wagenknecht dabei die Vertreter der Linkspartei symbolisierte, Marco Bülow die Dissidenten in der SPD, und Sie sind eine prominente Vertreterin der Grünen in ihrer Aufbruchszeit. Sind Sie auch die Vertreterin der ökologischen Sache innerhalb dieser Sammlungsbewegung?
Darin sehe ich einen Teil meiner Rolle, dass das dringliche Thema: ,Was machen wir mit diesem Planeten?‘ nicht vergessen wird neben den bedeutenden anderen Themen, der sozialen Frage und natürlich, sehr, sehr wichtig, der Friedens- und Entspannungspolitik.
Wir versuchen, von außen Druck auf alle Parteien auszuüben und vor allem auch ganz neue Leute zu gewinnen, die überhaupt keine Hoffnung mehr auf die Politik haben.
In Bezug auf die Parteien muss die SPD eindeutig wieder zu ihren sozialpolitischen Wurzeln zurück. Die LINKEN müssen sich viel intensiver für die ökologische Frage öffnen, als sie das bisher getan haben. Und die Grünen müssen zurück zu ihren pazifistischen und friedensbewegten Anfängen, von denen sie sich mit der Unterstützung von Sanktionspolitik und Kriegseinsätzen weit, weit entfernt haben.
Sie sind ja tatsächlich ein grünes Urgestein. Wie würden Sie die Entwicklung der Grünen von ihren Anfängen bis jetzt beschreiben? Schlägt das Grüne Herz der Anfangsjahre in dieser Partei noch irgendwo?
Es gibt immer noch viele Grüne bei den Grünen, das ist doch selbstverständlich. Aber die Entwicklung der Grundorientierung ist höchst beunruhigend. Wenn sich die Grünen jetzt am Ende und Untergang einer rein neoliberalen, neokonservativen Ära als letzter Bündnispartner für Angela Merkel anbieten, dann sagt das doch alles.
Es sagt alles über die Entfernung dieser Grünen von ihren Anfängen. Da waren sie eine machtkritische Partei, da waren sie eine pazifistische Partei, eine basisbewegte Partei. Und jetzt sind sie machtpolitisch integriert und auch machtpolitisch orientiert.
Die Grünen haben den Weg über die Parlamente gewählt, Sie waren ja auch für die Grünen im Bundestag. Wie waren Ihre Erfahrungen? Welche Rolle spielen die Mechanismen des parlamentarischen Betriebs dabei, aus einer bewegungsorientierten, prinzipienfesten Partei einen Verein zu machen, der gegen Lobbyeinflüsse – vorsichtig formuliert – nicht gerade immun ist?
Man kann das gut an meiner eigenen Geschichte erklären. Ich kam ja nicht über die Gründung der Partei 1979 zu den Grünen, sondern über eine ökologische Bewegung, damals über die Agraropposition, die eine vollkommen andere Form von Landwirtschaft wollte. Für die bin ich über die offene Liste der Grünen in den Bundestag gekommen, ohne Parteimitglied zu sein. Ich war sogar 1984 im berühmten „Feminat“ Fraktionssprecherin, ohne Mitglied der Grünen zu sein. Ich bin erst 1985 in die Partei eingetreten.
Das signalisiert, dass sich die Grünen damals als parlamentarischer Arm und als Plattform für außerparlamentarische Bewegungen verstanden. Mit diesem Selbstverständnis haben sie viel Intelligenz und Kreativität aufgebracht, diesen Druck und diese neuen Themen dann auch in die Sphäre des Parlamentarischen zu übertragen.
Daher kam damals das gesamte innovative Potential der Grünen, ob das nun die Friedensbewegung war, die Frauenbewegung, die Ökologiebewegung, die Vertretung der Migranten, die Emanzipation von Minderheiten, neue Lebensformen – das alles kam von außen. Und es hatte bis dahin in den Parteien keinerlei Echo.
Vermittelt durch das Medium der Grünen ist später all das auch Thema der anderen Parteien geworden. Aber ich fürchte, heute haben die Grünen ihr unbestechlich oppositionelles und innovatives Gen verloren.
Jetzt nennt sich #aufstehen eine ,Sammlungsbewegung‘. Was ist geplant, um tatsächlich in Bewegung zu kommen und Menschen auch in Bewegung zu sammeln?
Zunächst stelle ich fest, dass unglaublich viel Power schon in dieser Anfangszeit vorhanden ist. Die Bewegung ist ja noch gar nicht offiziell vorgestellt worden. Wir sind immer noch in der Vorphase und merken schon, dass es offensichtlich doch eine ganz große Erwartung in vielen Teilen nicht nur der politischen Linken gibt, dass sich die gesellschaftliche Debatte in der Bundesrepublik endlich öffnet für die wirklich wichtigen Fragen. Dass sich etwas ändern muss.
Eine Hauptaufgabe ist, die ewige Spaltung linker Bewegungen zu überwinden. Mit Toleranz und Neugier müssen wir aus unterschiedlichen politischen Positionen ein Gegenkonzept dieser Bewegung entwickeln, das in der Lage ist, die neoliberale und neokonservative Agenda abzulösen. Am Ende dieser ungebremsten Meinungsdominanz müssen ihre Vertreter auch endlich zur Rechenschaft gezogen werden dafür, was sie aus den Riesenchancen von 1989 gemacht haben.
Denn alles, was wir im Augenblick erleben – ständig wachsende Kriegsgefahren, weltweite Migration, die existenzielle Verunsicherung so vieler Menschen, das Gefühl der Menschen, dass sämtliche Risiken des Lebens von ihnen allein geschultert werden sollen – hat ja Ursachen in den politischen Entscheidungen dieser Politik.
Für eine andere Agenda, für neue Visionen und Konzepte, könnte eine solche Bewegung, wenn sie sehr breit und offen angelegt ist, sehr viel beitragen. Das wäre ein ähnlicher Prozess, wie er rund um Jeremy Corbyn in England stattgefunden hat, in Spanien, in Griechenland, in Portugal, in der Ablösung der alten etablierten Machtträger. Oder auch um Bernie Sanders in den USA.
So etwas kann es auch bei uns geben. Das ist die große Hoffnung, die hinter dieser Bewegung steht.
Die Sammlungsbewegung ist offiziell noch gar nicht am Start, da haben sich bereits 85.000 Menschen dafür eingetragen. Und es gibt bereits eine Lawine der Medienberichterstattung. Die meisten Berichte haben folgende Merkmale gemeinsam: Erstens drehen sich die Berichte fast ausschließlich um die Person Sahra Wagenknecht. Zweitens werden der Bewegung diverse inhaltliche Positionen vorgeworfen, bevor sie sich überhaupt inhaltlich positioniert hat. Wie nehmen Sie das wahr?
Erstens überrascht es mich nicht, dass sich die Parteihauptquartiere heftig wehren, auch mittels der Medien, die ihre Politik immer gestützt haben. Das war zu erwarten.
Außerdem akzeptiere ich immer, wenn man am Anfang einer Bewegung ganz kritisch und mit vielen Zweifeln auch überprüft, ob das die richtige Richtung nimmt.
Die Zuspitzung auf Sahra Wagenknecht hat oft unfaire Züge. Aber das hat natürlich damit zu tun, dass sie eine starke Wirkung auf die Menschen hat. Man zielt immer zur Abschreckung und Einschüchterung auf die am meisten schillernden Figuren, wenn man die ganze Bewegung meint. Das war bei der Gründung der Grünen auch nicht anders.
Mich verunsichert das nicht. Ich kann sehr gut mit starken Figuren leben, manchmal sogar besser als mit schwachen.
Wenn man sich das bei Jeremy Corbyn und Bernie Sanders anschaut, könnte man sogar vermuten, dass Leute sagen: Gut, wenn der Mainstream so draufhaut, ist es vielleicht ganz interessant. Spekulieren Sie auf diesen Effekt?
Man sollte nie auf Märtyrereffekte spekulieren. Darauf liegt meistens kein Segen.
Aber sicher ist es so, dass manche Leute die Heftigkeit und gerade auch das Persönliche der Angriffe als verräterisch empfinden. Wer hat denn da so viel Angst vor etwas, das noch gar nicht richtig am Leben ist?
Die Webseite www.aufstehen.de ist bereits online. Es heißt, bereits einige Zehntausend Leute hätten sich eingetragen, um Teil der Bewegung zu werden oder zumindest Informationen zu erhalten. Wie werden Sie diese Leute aktivieren?
Die jetzige Webseite ist durchaus auch eine Reaktion auf die Personalisierung der Angriffe auf Sahra Wagenknecht. Die ist auf der Seite bisher gar nicht zu finden. Stattdessen kommen Leute zu Wort, die sagen: Das geht so nicht weiter. Menschen auf der Straße werden gefragt: Was wünscht Ihr Euch von der Bewegung? Das ist ein starker Appell an die Basis und an normale Leute, sich einzubringen und sich nicht von oben in irgendeine Richtung manipulieren zu lassen.
Wir haben sehr genau studiert, wie sich die Bewegung in England um Jeremy Corbyn entwickelt hat. Da ist ja quasi die Parteimitgliedschaft der Labourparty zu zwei Dritteln runderneuert worden, ganz neue Menschen sind angesprochen worden.
Das gelingt nur mit ganz vielen lokalen Initiativen. Das wird eine der größten und wichtigsten Aufgaben sein. Das geht nicht über die Medien, nicht über Eliten und Apparate. Das geht nur, wenn sich Leute vor Ort zusammenschließen.
Wir hoffen, dass Menschen die Plattform #aufstehen dafür nutzen und sich gegenseitig dabei unterstützen, Initiative zu ergreifen.
Ebenso wollen wir versuchen, die Dissidenten, die es in allen Parteien gibt und die dort immer an den Rand gedrückt werden, zu ermutigen, sich deutlicher zu äußern.
Ein gutes Beispiel wäre hier Marco Bülow in der SPD. Aber solche Leute brauchen auch den Druck und die Unterstützung aus der außerparlamentarischen Sphäre, um diese Tapferkeit und den Druck der Funktionäre auf die Dauer durchzuhalten und ihre Spielräume zu erweitern.
Wir wissen aber auch, dass man eine neue politische Bewegung nicht nur durch Computerbetätigung in die Welt bringen kann. Irgendwann wird man den Test auf der Straße riskieren müssen. Es gab ja durchaus große Demonstrationen in den vergangenen Jahren, in Friedensfragen oder gegen TTIP.
Das Potential ist also da, aber es muss aktiviert werden und darf nicht wieder betrogen werden im Sinne einer versprochenen Erneuerung, die dann am Ende mal wieder nicht eintritt.

Dr. Antje Vollmer, Jahrgang 1943, war nach dem Studium der evangelischen Theologie, Promotion und langjähriger Tätigkeit in verschiedenen Bildungseinrichtungen von 1983 - 1990 und erneut von 1994 - 2005 Abgeordnete im Deutschen Bundestag für die Grünen, davon drei Jahre als Fraktionsvorsitzende. Antje Vollmer ist als Autorin und Publizistin aktiv. 2013 unterstützte sie den Aufruf "Wider die Große Koalition". Aktuell gehört sie zu den Erstinitiatoren der Sammlungsbewegung #aufstehen.
Interview mit Ludger Volmer as der HAZ ( Auszüge)
Grünen-Politiker Volmer unterstützt Wagenknecht
Der frühere Staatsminister im Auswärtigem Amt, Ludger Volmer (Grüne), zählt zu den Unterstützern der von Sahra Wagenknecht und ihrem Mann Oskar Lafontaine initiierten linken Sammlungsbewegung „Aufstehen“.
Er sagt: „Ohne Strategie gegen den Turbokapitalismus gibt es keine wirkliche Ökologie.“

Sie hat mich gar nicht angesprochen. Seit Jahren suche ich wie viele linke Grüne, die den Anpassungskurs der Partei nicht mitmachen wollen, nach neuen Perspektiven. Ich habe Antje Vollmer angesprochen, die Kontakt zu Oskar Lafontaine und kritischen Künstlern hatte. So flossen unterschiedliche Initiativen zusammen.
Den Grünen geht es um die Verschönerung des bürgerlichen Lebens
Was kann solch eine Sammlungsbewegung, was Ihre Partei nicht vermag?
Eine neue linke Politik entwerfen. Die Grünen sind von ihren sozialen und pazifistischen Gründungsidealen weit abgerückt. Öko-Sozialisten und andere Linke sind ausgetreten und suchen eine neue Heimat. Den Grünen heute geht es nicht mehr um die Bekämpfung struktureller Armut, sondern um die Verschönerung des bürgerlichen Lebens. Sie drohen, zur Zweitpartei von Angela Merkel zu werden. Schön für einkommensstarke Mittelschichten, uninteressant für alle, die von Abstiegsängsten oder echter Not geplagt werden.
Wir brauchen wieder eine antikapitalistische Linke, die eine „ganzheitliche Sicht“ auf die Ausbeutung von Mensch und Natur hat. Ohne Strategie gegen den Turbokapitalismus gibt es keine wirkliche Ökologie.
Die Grünen-Spitze verhält sich eher abwehrend als interessiert beim Thema Sammlungsbewegung. Unterschätzt sie die Bedürfnisse der Grünen-Basis?
Es ist wie in den 1970er Jahren, als die Parteien sich von den Nöten und Wünschen der Menschen abkoppelten. Damals entstanden daraus die Grünen. Heute wenden sich die Leute nach rechts – auch weil die Grünen kein Gespür mehr für die alltäglichen Sorgen haben.
Es geht um die Stärkung der Linken insgesamt
Besteht nicht die Gefahr, dass sich linke Kräfte in Deutschland weiter spalten?
Rot-Grün-Rot hat die gemeinsame Mehrheit verspielt, auch wegen Blockaden in allen drei Parteien. Heute sind sie in der Defensive gegenüber rechten Parteien. Da braucht es neue Impulse. Es geht um eine Stärkung der Linken insgesamt, damit ein gesellschaftliches Gegengewicht zu CSU und AfD entsteht.
Wie schätzen Sie den Zustand der deutschen Gesellschaft ein?
Es ist eine enorme Wut in der Gesellschaft gewachsen, aber mit den falschen Feindbildern. Nicht „die Ausländer“ sind schuld an der Misere. Sondern Armut bei uns und Zuwanderung aus Krisengebieten haben dieselbe Ursache – ein immer aggressiverer Kapitalismus mit raffgierigen und verantwortungslosen Managern macht wenige reich und zerstört Lebenschancen von vielen. Und wenn daraus Krisen und Kriege entstehen, verdienen einige noch an Waffenlieferungen. Die Dummheit dieses Systems schlägt nun zurück gegen die Urheber – in Gestalt von Flüchtlingen und Menschen, die hier ein besseres Leben erhoffen.
Solidarität mit Verlierern und Kritikern
Die vermeintliche linke Mehrheit heute, die gegen soziale Ungerechtigkeit oder Rassismus kämpft, ist nicht auf der Straße zu sehen. Soll sich das jetzt ändern?
„Aufstehen“ solidarisiert sich mit den Verlieren und Kritikern. Hartz IV, höhere Löhne und Renten sind dabei wichtige Themen. Doch es geht um mehr, es geht um die Art und Weise, wie unser Wirtschaftssystem weltweit zu sozialen und ökologischen Verheerungen führt. Protest dagegen gab es auch auf der Straße, zum Beispiel Hunderttausende von Demonstranten gegen das Handelsabkommen TTIP – von den Medien wurden sie fast totgeschwiegen, während jeder Rülpser eines Rechtsradikalen stundenlang im Fernsehen besprochen wird.
Wird es ein Programm geben und wie soll es entschieden werden?
Die Grundsätze sind klar: antikapitalistisch, ökologisch, demokratisch, pazifistisch, antirassistisch. Wie muss das heute in Politik umgesetzt werden? Darüber diskutiert „Aufstehen“.
„Ich bin Wagenknecht und Lafontaine dankbar“
Entscheidungen fallen in einer Demokratie in Parlamenten. Sehen Sie darin ein Ziel der Sammlungsbewegung?
Wir sind eine überparteiliche Bewegung und wollen in die Gesellschaft und in die „linken“ Parteien hineinwirken. Heute macht die politische Mitte von CDU/Rest-SPD/Grünen Kompromisse mit Rechten. Wir arbeiten an einer linken Mehrheit.
Die Namen von Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine sind untrennbar mit „Aufstehen“ verbunden. Beide polarisieren seit Jahren in ihrer eigenen Partei. Sind sie die richtigen Galionsfiguren für ein solches Bündnis?
Ich bin beiden dankbar, dass sie Kraft und Ressourcen aufbringen, um ein solches Projekt anzuschieben. Sie gegen sich zu haben, wäre schwieriger. Und sie stehen für eine linke Kritik an unserer Wirtschaftsweise. Das ist entscheidend. Viele andere, die sich links nennen, sind kulturell progressiv, aber was Oben und Unten, reich und arm angeht, ziemlich uninteressiert. Mit denen kann ich wenig anfangen.
Video: Sevim Dagdelen: Was will #Aufstehen - Ein RT Interview
Bereits 85 000 Anmeldungen
Orientierung der Bewegung an "la insoumise" von Melenchon ( wo Linke mit Marxisten kooperieren ), Bernie Sanders in den USA und dem marxistischen Sozialisten Jeremy Corbyn von Labour in GB
Die Bewegung war aber schon lange da
Die Bewegung, die sich nun endlich in der neuen Sammlungsbewegung konkret äußert, kommt zudem nicht von oben: Sie war schon lange da.
So gibt es seit 10 Jahren die unabhängigen Linksfraktionen auf Facebook, die ich mitgründete, die sich aus Linken zusammensetzen, die zum Teil auch der Linkspartei kritisch gegenüberstehen, die sich zu sehr der neoliberalen SPD besonders im Osten angebiedert hatte und so mehr und mehr beliebig und Mainstream wurde. Antideutsche "Internetbeauftragte" der Linkepartei wie Mark Seibert vom Bak Shalom haben die offiziellen Seiten der Linkspartei in den sozialen Medien zudem stark gesteuert und pseudolinks nach rechts bewegt.
Ausserdem haben sich auch für die linke Sammlungsbewegung schon seit Januar 2018 linke auf Facebook in der Neuen Linken Bewegung (NLB) gesammelt, die auch ein Manifest entwarf, dass die Vergesellschaftung von Konzerneigentum fordert, während der SPD-Bundestagsagbgeordnete Bülow linke Sozialdemokraten in seiner PSP-Progressivern Bewegung sammelten. #Aufstehen versteht sich als dachverband dieser neuen linken Sammlungsbewegungebn. Den Plural benutzt übrigens auch Bülow.
Das inoffizielle #Aufstehen-Programm übernimmt diese Kernforderung in Punkt 11 des Eckpunktepapiers.
Es gibt deutliche Anzeichen, dass zahlreiche Menschen mit den aktuellen Parteien inklusive der Linkspartei in Teilen und den etablierten Medien abgeschlossen haben.
Es wäre eher als autoritärer Akt zu bezeichnen, diese Anzeichen weiterhin zu ignorieren, als endlich auf sie einzugehen.
Jetzt wird zahlreichen sich ehemals als "links" empfindenden Menschen endlich eine potenzielle politische Heimat geboten - und nicht nur jenen. Es ist eine Heimat ganz ohne fremdenfeindliche Ressentiments, aber auch ohne neoliberales und staatsfeindliches "Grenzen auf für alle" - die aber andererseits programmatisch auch noch nie Abschottung als Selbstzweck gefordert hat. Eine Bewegung, die den fragmentierten und ausgehöhlten Sozialstaat gegn die Konzernherrschaft der Oligarchen retten will, ohne dabei "national-sozial" im Sinne der Rechten zu werden oder in arrogante Rechthaberei zu verfallen.
Dass diese neue Möglichkeit der politischen Kommunikation sehnsüchtig erwartet wurde, zeigen die zahlreichen Anmeldungen bei "#Aufstehen" - es ist schwer, angesichts dieser Zahlen auf dem Vorwurf der "Künstlichkeit" zu beharren.
Und ja: Selbstverständlich wird die Bewegung von ihren bekanntesten, begabtesten und beliebtesten Köpfen angeführt. Alles andere wäre selbstzerstörerisch. Wagenknecht aber selber will eine Bewegung von unten, die das Programm selber entwickeln soll und keine dirigierte Top-Down-Bewegung von oben.
Diese Regel sollte jede politische Gruppierung beachten, die massenhaft die Herzen der Menschen erreichen will. Es sei denn - und das scheint bei manchen Kritikern der Fall zu sein - man möchte eine Bewegung, die in bedeutungsloser politischer Beschäftigungstherapie verharrt.
Wir haben keine Konzermedien udn Massenmedien, die allesamt cdu affin und rechtspopulistisch bzw. allenfalls neoliberal ticken. Deshalb wird der mediale Widerstand der Konzernmedien und der Groko Staatsmedien riesig sein.
Nazi-Keule und Wähler-Beschimpfung
Der Tenor von der künstlichen Bewegung mit ihren "Kadern" und ihrem "Personenkult" grenzt zudem an Wählerbeleidigung. Hier soll nicht nur der Eindruck hergestellt werden, Wagenknecht sei eine demagogische Verführerin, sondern ihre Anhänger auch gleichsam verblödete und darum folgsame Schafe. Das Bild der "Rattenfängerin" bezeichnet immer auch die Gefolgschaft als Ratten.
Die neoliberalen Kritiker von "#Aufstehen" hätten natürlich gerne eine unprofessionelle und darum harmlose Bewegung, die zum Scheitern verurteilt ist.
Eine Bewegung, die wie die Linkspartei ihren einzigen Superstar öffentlich demontiert und die das in Umfragen suggerierte große Wählerpotenzial durch eilfertige Zugeständnisse an die Mainstream-Presse verspielt.
Wer sind die Spalter? Machtkampf bei Die Linke geht in die nächste Runde
Über die Motive zur Gründung der Bewegung und zu ihren Inhalten schreiben Sarah Wagenknecht und Bernd Stegemann, es gebe "einen eklatanten Widerspruch zwischen der mangelnden Zustimmung zu Parteien, die dem linken Lager zugerechnet werden, und dem Wunsch nach einer solidarischen Gesellschaft."
Wer diesen Widerspruch verstehen wolle, müsse "sich nicht nur den Kopf darüber zerbrechen, warum die SPD nicht aus dem Gefängnis ihrer Agenda-Politik herausfindet, sondern muss auch darüber nachdenken, warum die meisten Wähler, die der SPD abhandenkommen, nicht etwa zur Linkspartei wechseln, sondern entweder im Lager der Nichtwähler untertauchen oder der AfD ihre Stimme geben."
Hoffnung würden aber neue europäische Sammlungsbewegungen machen: "Überall dort, wo ein neuer linker Aufbruch gelingt, sieht die politische Rechte schnell so alt aus, wie sie es verdient."
Die Autoren begründen die Notwendigkeit einer neuen politischen Bewegung auch in Deutschland: "Denn wo ist die Kraft, die die Interessen der ärmeren Menschen in diesem Land vertritt und nicht gleichzeitig – und sei es ungewollt – die Bedingungen für prekäres Leben vergrößert? Wo ist die Kraft, die nicht aus der moralischen Überheblichkeit der Privilegierten Verteilungskämpfe als Ausdruck von schlechtem Charakter abqualifiziert? Wo ist mit einem Wort eine machtvolle Bewegung, die endlich wieder einen Widerspruch zwischen der Freiheit des Kapitals und der Freiheit des Menschen erkennt?"
Mutwillige Begriffsverwirrung beim Thema Migration
Wer, wie Wagenknecht und Stegemann, die mutwillige Begriffsverwirrung beim Thema Migration thematisiert, läuft bereits Gefahr, als "rechts" diffamiert zu werden, wie die Autoren feststellen: "Wer argumentiert, dass Fliehenden geholfen werden muss, aber über den Umfang der Arbeitsmigration mit den einheimischen arbeitenden Menschen ein Konsens gefunden werden muss, hat augenblicklich verloren." Das ist eine wohlfeile Strategie: Die Motivationen und Inhalte der neuen Sammlungsbewegung sind gemessen an den Äußerungen der Protagonisten über jeden "rechtsextremen" Verdacht erhaben, sie sind progressiv und solidarisch. Das Beharren der Kritiker auf einem "versteckten rechten Kern" der Sammlungsbewegung ist unseriös und unbelegt.
Historiker Wolffsohn vergleicht Wagenknecht-Bewegung mit NSDAP
Auf die intensiven Versuche, "#Aufstehen" in die rechte oder gar rechtsextreme Ecke zu stellen, soll hier darum nicht weiter eingegangen werden.
Diese Versuche des Rufmords sind noch absurder als jene innerparteiliche Kampagne, die Wagenknecht immer wieder eine Nähe zur AfD unterstellen sollte. Immerhin kann Wagenknecht nun nicht mehr wie früher als rote Furie diffamiert werden - dafür wurde sie durch hysterische pseudolinke Angriffe zu intensiv als "rechte Galionsfigur" gezeichnet.
Vorwurf der Spaltung - bisher reine Behauptung
Ein weiteres Argument gegen "#Aufstehen" ist der Vorwurf der Spaltung: Die Bewegung werde geschaffen, um auf unlösbare innerparteiliche Konflikte der Linken Druck auszuüben und um in eine neue Partei zu münden. Zum einen ist diese Aussage spekulativ - niemand kann momentan die endgültige Organisationsform von "#Aufstehen" voraussehen, die Unterstellungen von Abspaltung bis hin zur Planung einer Partei-Gründung sind reine Behauptungen. Es stellt auch die Realitäten auf den Kopf, wenn nach den infamen Kampagnen der Linke-Parteiführung gegen Wagenknecht immer nur dem Wagenknecht-Flügel Parteischädigung unterstellt wird.
Zum anderen: Was ist die Alternative zur neuen Sammlungsbewegung? Die häufigen Verweise darauf, dass Linke, Grüne oder gar die SPD "bereits Sammlungsbewegungen" seien, halten der Überprüfung nicht stand. Große Teile dieser Parteien haben bei der braven Umsetzung der neoliberalen Glaubensgrundsätze die Menschen aus dem Blick verloren, sie haben sie im Stich gelassen. Es ist nur folgerichtig und politisch vielversprechend, wenn sie nun Konkurrenz bekommen. Zur Überwindung oder wenigstens zur Herausforderung des neoliberalen Systems scheint die neue Sammlungsbewegung im Moment das Werkzeug mit dem größten Potenzial zu sein.
Wer sind die schärfsten Kritiker der neuen Sammlungsbewegung? Neoliberale und pseudolinke Politiker und Journalisten - also genau jene, die für Ungleichheit und darum für Rechtsruck und Politikverdrossenheit verantwortlich sind. Und jene, die in ihren Medien die Angriffe auf den Sozialstaat lange gerechtfertigt haben. Jakob Augstein ist eine der wenigen (wenn auch sprunghaften) Stimmen in diesem Medien-Mainstream, die wenigstens hin und wieder aus der breiten etablierten Koalition gegen "#Aufstehen" ausscheren: "Wenn in Deutschland einer für Gerechtigkeit aufsteht, fangen die anderen erst mal an zu murren", verteidigt er aktuell die neue Sammlungsbewegung. Er weiß auch, warum sowohl pseudolinks als auch transatlantisch orientierte Journalisten-Kollegen das Projekt nun schlecht reden: Niemand lasse sich "gern das eigene Versagen vor Augen führen".
Mehr zum Thema - In knapp einem Monat: Sammlungsbewegung in Deutschland geht bald an den Start
#Aufstehen - Was will die Bewegung - Häufig gestellte Fragen

WARUM AUFSTEHEN?
Nach dem Aufwachen kommt das Aufstehen. Bei Bob Marley heißt es "get up, stand up!". Wir müssen aufstehen, um dieses Land zu verändern. Keine Politikerin, kein Politiker, keine Partei wird unsere Probleme lösen, wenn wir es nicht selbst tun.
Eine Mehrheit der Bevölkerung wünscht sich eine soziale Politik, eine gesunde Umwelt und Frieden. Aber die Interessen der Mehrheit haben keine Mehrheit im Bundestag. Trotz Wahlen.
Viele Menschen sind müde. Sie erwarten nichts mehr von Parteien. Und jene, die in Parteien für eine andere Politik kämpfen, sind zu wenige, um sich durchzusetzen. Daher brauchen wir Dich, wenn Du unsere Ziele teilst!
WAS IST AUFSTEHEN?
Aufstehen ist eine soziale und demokratische Erneuerungsbewegung. Jeder und jede ist wichtig und kann etwas tun. Ob Taxifahrer, Kassiererin, Rentner, Künstler, Leiharbeiter, Kleinunternehmerin, Krankenschwester, Polizist oder Ärztin. Lobbyisten haben das große Geld, wir haben die Leute.
WAS SIND DIE ZIELE VON AUFSTEHEN?
Wir wollen etwas Neues: Keine Partei, sondern eine Bewegung für alle, die gemeinsam für unsere Ziele kämpfen wollen. Wir streiten für sichere Arbeitsplätze, höhere Löhne, gute Renten & Pflege, einen Sozialstaat, der vor Abstieg schützt und nicht jedes Lebensrisiko dem Einzelnen allein aufbürdet, für Top-Bildung von der Kita bis zur Universität, bezahlbare Mieten, gerechte Steuern statt Politik für Super-Reiche, Banken und Konzerne, den Erhalt des bedrohten Planeten, den Schutz von Wasser, Luft, Böden, Tieren und Artenvielfalt, für Abrüstung, echte Friedensdiplomatie und Entspannungspolitik, gegen Stellvertreterkriege, Waffenexporte, die Ausplünderung der benachteiligten Länder, die die eigentlichen Fluchtursachen sind. Wir stehen auf gegen Fremdenhass sowie für echte Demokratie ohne Übermacht der Banken, Konzerne und Lobbyisten. Wir wollen neue Mehrheiten in Deutschland und Europa!
WARUM LOHNT ES SICH AUFZUSTEHEN?
Wir können unser Schicksal selbst in die Hand nehmen - auch in Deutschland: Dies zeigen Bewegungen um Bernie Sanders (USA), Jeremy Corbyn (Großbritannien), aber auch die neuen sozialen Bewegungen in Frankreich, Spanien, Portugal, Griechenland, die für Wirbel sorgen. Oder die Proteste von Hunderttausenden gegen das Konzernschutzabkommen mit den USA TTIP. Gemeinsam sind wir stark!
WIE STEHT AUFSTEHEN ZU PARTEIEN?
Die Parteien des links-liberalen Spektrums SPD, Grüne und Linke haben es im letzten Jahrzehnt nicht geschafft, ein verlässliches Bündnis untereinander zu schmieden und mit einem politischen Gegenkonzept einen Machtwechsel in Deutschland herbeizuführen. Sie haben sogar Protestwähler an die AfD verloren. Die AfD hetzt gegen die Schwachen und will Löhne oder Renten kürzen. CDU/CSU FDP machen ohnehin Politik für Konzerne und Super-Reiche.
Es fehlt der überzeugende Wille, etwas zu verändern. Die Hoffnung, dass sich überhaupt noch etwas verändern lässt, ist die wichtigste Quelle linker Politik. Auf diese Hoffnung zählen wir.
BRAUCHEN WIR PARTEIEN?
Doch, wir brauchen Parteien. Wir wollen Druck auf Parteien ausüben. Wir wollen daher auch jene unterstützen, die für unsere Ziele in den Parteien streiten. Wir wollen neue Talente entdecken. Für uns zählt jedoch das, was uns verbindet - egal ob in einer Partei oder nicht. Alte Spaltungen wollen wir überwinden.
WIE WOLLEN WIR AUFSTEHEN?
Wir wollen das Internet und die Straße erobern. Wir wollen durch populäre Kampagnen die Politik aufrütteln. Jeder kann etwas! Mit Nachbarn, Kolleginnen und Verwandten sprechen, mit witzigen Ideen unsere Forderungen unterstützen, gemeinsam Spaß an Politik haben und neue Leute kennen lernen!
WOFÜR WIR AUFSTEHEN?
Damit es immer ein Echo gibt, wenn wieder an den Menschen vorbei regiert wird. Wir haben kein fertiges Programm. Wir wollen zuhören, respektvoll diskutieren und offen für unterschiedliche Meinungen. Wir wollen die Art, wie Politik gemacht wird, verändern, um gemeinsam eine Perspektive für Gerechtigkeit und Frieden zu schaffen. Dazu wollen wir die Möglichkeiten digitaler Technologien zur demokratischen Entscheidungsfindung ausschöpfen, um alle unsere Ideen und Kreativität für Aufstehen zu nutzen. Nicht nur virtuell, sondern auch im wahren Leben wollen wir Menschen zusammen bringen. Transparent, unverfälscht und den Interessen der Mehrheit verpflichtet!
Trotzdem gibt es schon ein 12 Punkte- Papier, dass Eckpunkte von #Aufstehen markiert, dass auch die ARD schon zitiert.
In einem Interview mit der Berliner Zeitung machte die linke Fraktionschefin Sahra Wagenknecht deutlich, dass ein legitimiertes Programm für #Aufstehen aber nur von unten von der Basis selber geschaffen werden kann.
Es soll der Rechtsruck im Lande gestoppt werden und auf SPD und Grüne sei kein Verlass. Immer wieder hätten sie soziale Initiativen der Linksfraktion im Bundestag zrückgewiesen. Es sei sogar die Frage, ob man sie überhaupt zum linken Lager zählen könne. Fremdenfeindliche Unterstellngen wies sie zurück.
Die neue Bewegung könne nur programmatische Eckpunkte vorbegen:
Die Sammlungsbewegung wird sich ihre Programmatik selbst erarbeiten. Wir sind kein top-down-Projekt, sondern legen großen Wert darauf, dass unsere Mitstreiter die Positionen dieser Bewegung selbst diskutieren. Wir werden Debatten organisieren, bei denen sich viele Tausende einbringen können. Es gibt moderne digitale Möglichkeiten dafür.
Das heißt, es wird irgendwann auch ein Programm geben?
Die Bewegung wird am 4. September gegründet. Dann werden die Namen aller prominenten Initiatoren bekannt gegeben, und es wird eine erste programmatische Orientierung in Form eines Gründungsaufrufs veröffentlicht. Aber die Programmatik der Sammlungsbewegung wird nicht von den Initiatoren festgelegt. Die muss von den mittlerweile über 50.000 Mitstreitern der Sammlungsbewegung in den nächsten Monaten entwickelt werden. Das halte ich für sehr wichtig. In den meisten Parteien werden die Mitglieder mit den Positionen ihrer Führung konfrontiert, die sie oft gar nicht teilen. Sie wurden aber nie gefragt. Wir wollen einen demokratischen Prozess.
Solange SPD und Grüne ihre neoliberale und rechtsoffene Politik hin zur CDU nicht änderten seien sie auch kein Partner für die neuen Linken.
Solange sich diese Parteien auch nicht zur Abrüstung und zur klaren Friedenpolitik bekennen, werde sich daran auch nichts ändern.
Nichts destotrotz befindet sich bei Insidern schon ein nicht offizielles Programm von #Aufstehen im Umlauf.
( Im Wortlaut:) Unsere Ziele sind:
1. Zurück zur Friedenspolitik Willy Brandts: für eine eigenständige europäische Außenpolitik, die sich um Abrüstung, Entspannung und internationale Zusammenarbeit bemüht statt jeden Krieg der USA mitzumachen
2. Sichere Arbeitsplätze und gute Löhne in einer innovativen Wirtschaft: die deutsche Binnenwirtschaft muss gestärkt und die Abhängigkeit von Exportüberschüssen überwunden werden.
Die Digitalisierung muss zu einer Umverteilung von Arbeit führen: weniger Stress für alle, statt Arbeitslosigkeit für die einen und Überarbeitung in zunehmend prekären Jobs für die anderen
3. Ein erneuerter starker Sozialstaat, der Armut verhindert: mit Renten, die den Lebensstandard im Alter sichern, einer guten Pflege und Gesundheitsversorgung unabhängig vom Einkommen sowie einer soliden Arbeitslosenversicherung und sanktionsfreien Mindestsicherung statt Enteignung durch Hartz IV
4. Privatisierungen stoppen und zurücknehmen, Gemeinwohl ist wichtiger als Rendite:
Für bezahlbares Wohnen, gut ausgestattete Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen; für eine demokratische digitale Infrastruktur statt Geschäften mit unserer Privatsphäre durch Facebook, Google & Co.
5. Gerechte Steuern: untere und mittlere Einkommen entlasten, große Vermögen und Erbschaften sowie Kapitalerträge und Großunternehmen stärker heranziehen, den Steuertricks der Konzerne durch eine personell gut ausgestatte und international agierende Steuerfahndung und durch Strafsteuern auf Finanzflüsse in Steueroasen den Boden entziehen. Steuerzahlung an Staatsbürgerschaft koppeln, um reichen Steuerbetrügern das Handwerk zu legen.
6. Exzellente Bildung für alle: kostenlose frühkindliche Bildung, Erzieherausbildung auf Hochschulniveau und mehr Lehrer für bessere Lebenschancen; der Bildungserfolg darf keine Frage der Herkunft sein.
7. Demokratie herstellen: wir wollen nicht von Konzernen und Banken regiert werden.
Volksabstimmungen und Generalstreik ermöglichen. Lobbyismus aufdecken und untersagen. Parteispenden von Banken, Konzernen, Reichen und Lobbygruppen verbieten. Verbot der Verbindung von politischen und justizaren Mandaten mit Wirtschaftsmandaten. Einführung einer Karrenzzeit von 5 Jahren. Geheimdienste abschaffen. Demonstrationsrecht verteidigen. Für freie und unabhängige Medien.
8. Sicherheit im Alltag: mehr Personal und bessere Ausstattung von Polizei, Justiz und sozialer Arbeit. Ein Strafrecht für Unternehmen statt Kapitulation des Rechtsstaats.
9. Ein europäisches Deutschland in einem geeinten Europa souveräner Demokratien. Die Europäische Union hat nur eine Perspektive als Schutz- und
Gestaltungsraum, nicht jedoch als Katalysator einer marktradikalen Globalisierung. Europäische Politik braucht eine demokratische Legitimation und darf kein Instrument zur Aushöhlung von Demokratie und Sozialstaat in den einzelnen Mitgliedstaaten sein. Die EU als Militärunion lehnen wir ab.
10. Hilfe für Menschen in Not: Das Recht auf Asyl für Verfolgte gewährleisten, Waffenexporte in Spannungsgebiete stoppen und unfaire Handelspraktiken beenden, Armut vor Ort bekämpfen und in den Heimatländern Perspektiven schaffen.
11. Sparkassen und Genossenschaftsbanken statt Zockerbuden. Börse abwickeln. Monopole sowie Oligopole, Holdings, Trusts und Aktiengesellschaften überwinden.
Kleine und mittlere Unternehmen fördern. Belegschaftseigentum in Betrieben ab 100 Beschäftigten. Genossenschaften stärken und ausbauen. Gewerkschaftsmacht statt Kapitalmacht. Betriebsratsgründungen erleichtern.
12. Naturverträglich wirtschaften: damit wir unseren Kindern eine intakte Natur und ein lebensfreundliches Klima hinterlassen. Saubere Luft und sauberes Wasser sind eine elementare Basis der Lebensqualität. Für eine ökologische Energie- und Verkehrswende.
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